Pressemeldungen der Justiz - Verwaltungsgericht Dessau
(OLG NMB) Termin zur Hauptverhandlung im "Tierschützer-Fall"
09.02.2018, Naumburg (Saale) – 1
- Oberlandesgericht
Termin zur Hauptverhandlung am 22. Februar
2018, 14:00 Uhr, über die Revision der Staatsanwaltschaft gegen die Freisprüche
im "Tierschützer-Fall"
Der 2. Strafsenat
des Oberlandesgerichts Naumburg hat über die Revision der Staatsanwaltschaft
gegen ein Urteil des Landgerichts Magdeburg zu entscheiden, das den vom
Amtsgericht Haldensleben ausgesprochenen Freispruch der Angeklagten von dem
Vorwurf des gemeinschaftlichen Hausfriedensbruchs bestätigt hat.
Nach den
Feststellungen des Landgerichts sind die drei Angeklagten Mitglieder einer
Tierschutzorganisation. Aus einem Hinweis
erfuhren die Angeklagten, dass in den Stallungen eines Tierzuchtunternehmens
diverse Verstöße gegen die seit dem 1. Januar 2013 geltende Tierschutznutztierhaltungsverordnung
vorliegen sollten. So seien insbesondere die Kastenstände für Schweine deutlich
zu klein. Aus vorherigen Fällen verfügten die Angeklagten über die Erfahrung,
dass eine Anzeige bei der zuständigen Behörde ohne dokumentierte Beweise nicht
erfolgversprechend war. In den Nachtstunden des 29. Juni und des 11. Juli 2013
überstiegen jeweils zwei der Angeklagten in desinfizierter Schutzkleidung die
Umzäunung der Anlage und betraten über geöffnete Türen die Ställe, um dort
Filmaufnahmen zu fertigen. Sie stellten Verstöße gegen die vorgeschriebenen
Haltungsbedingungen fest und dokumentierten diese filmisch. Die Angeklagten
handelten hierbei auf Grund ihres stark ausgeprägten Mitgefühls für Tiere mit
dem Ziel, die zuständigen staatlichen Stellen dazu zu veranlassen, auf die
Einhaltung der Tierschutzregeln hinzuwirken.
Das Amtsgericht
Haldensleben hat die Angeklagten freigesprochen. Die dagegen gerichtete
Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Magdeburg verworfen. Allerdings
hätten die Angeklagten den objektiven Tatbestand des Hausfriedensbruchs
erfüllt, weil sie in das befriedete Besitztum des Tierzuchtunternehmens
eingedrungen seien. Die Verletzung des Hausrechts sei jedoch unter dem Gesichtspunkt der Nothilfe und des
Notstandes gerechtfertigt gewesen. Der Tierschutz sei als Staatsziel
verfassungsrechtlich geschützt. Daher stelle das Recht der Tiere auf eine
tierschutzgerechte Haltung ein notstandsfähiges Rechtsgut dar. Aber auch menschliche
Empfinden in Form des Mitgefühls für Tiere werde durch die Regeln des
Tierschutzes geschützt, weshalb gegen Tierquälerei Nothilfe zulässig sein
müsse.
Die
Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Revision gegen die Freisprüche und
erstrebt die Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht Magdeburg.
Die
Hauptverhandlung findet am Donnerstag, den 22. Februar 2018, um 14:00 Uhr im
Plenarsaal des Oberlandesgerichts Naumburg statt.
Zu den anwendbaren Vorschriften:
§ 123 Hausfriedensbruch
(1) Wer in die
Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen
oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr
bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin
verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die Tat wird nur
auf Antrag verfolgt.
§ 32 Notwehr
(1) Wer eine Tat
begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die
Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen
Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
§ 34 Rechtfertigender Notstand
Wer in einer
gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre,
Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich
oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung
der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des
Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das
beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Das gilt jedoch nur, soweit die Tat ein
angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.
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