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Die Geschichte des Landes

Das Land Sachsen-Anhalt hat in seiner heutigen Gestalt eine sehr kurze Tradition, denn es existierte als solches nur von 1947 bis 1952. Im Zuge der Verwaltungsreformen in der DDR wurde das Land aufgelöst. Aus ihm entstanden im wesentlichen die Bezirke Halle und Magdeburg. Erst mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 entstand Sachsen-Anhalt wieder als eines der fünf neuen Bundesländer. Die Geschichte des historischen Raums Sachsen-Anhalt reicht hingegen bis weit in die Anfänge der "deutschen Geschichte":

Zeitstrahl

  • 772 bis 804
    In den sogenannten Sachsenkriegen unterwirft und missioniert Karl der Große (768-814) die Sachsen. Im Jahr 780 stößt er bis zur Elbe vor und errichtet bei Magdeburg und Halle Befestigungen. Das Herzogtum Sachsen wird in das Frankenreich eingegliedert.
  • um 804
    Die 802 in Osterwieck gegründete und nach Halberstadt umgesiedelte Missionsstation wird von Karl dem Großen zum Bistum erhoben.
  • 919
    Der Sachsenherzog Heinrich (912 bis 936) wird erster deutscher König. Er kann sich in der Folgezeit in einer Reihe von Kämpfen gegen seine Widersacher erfolgreich behaupten. Damit verlagert sich das politische Gewicht vom Rhein-Main-Gebiet in das Gebiet zwischen Harz und Elbe. Heinrich I. wird nach seinem Tod 936 in der Stiftskirche zu Quedlinburg beigesetzt.
  • 968
    Kaiser Otto I. (936 bis 973) gründet das Erzbistum Magdeburg. Otto hält sich bereits lange Zeit vor seiner Thronbesteigung in Magdeburg auf. Später fördert er die Stadt und den Raum des heutigen Sachsen-Anhalts. Otto I. baut konsequent seine Königsmacht aus und sichert vor allem die Grenze zu den Slawen. Er unterwirft und christianisiert diese. 962 lässt er sich zum ersten "deutschen" Kaiser krönen. Das Zentrum seiner Macht soll das Gebiet an der Mittelelbe werden. Otto I. wird nach seinem Tod 973 entsprechend seinem Wunsche im Dom zu Magdeburg beigesetzt.
  • 10. Jahrhundert
    Die Merseburger Zaubersprüche gehören zu den ältesten Zeugnissen deutscher Literatur.
  • 1009 bis 1018
    Thietmar von Walbeck (Thietmar von Merseburg) leitet das 1004 abermals eingerichtete Bistum Merseburg. Er gehört zu den wichtigsten und bekanntesten Geschichtsschreibern jener Zeit.
  • 1188
    Erzbischof Wichmann (1115-1192) kodifiziert das Magdeburger Recht, das heißt, er fasst wichtige Rechtsbestimmungen in einem Gesetzbuch ab. Das Magdeburger Stadtrecht erfährt internationale Verbreitung.
  • Anfang 13. Jahrhundert
    Der Rechtsgelehrte Eike von Repgow verfasst den "Sachsenspiegel", ein bedeutendes Rechtsbuch, das sowohl Privat- und Strafrecht als auch Verfahrens- und Staatsrecht behandelt. Wie Repgow in seiner Einleitung schreibt, wolle er den Sachsen "einen Spiegel" vorhalten und das Recht auch in einer Bilderhandschrift den Analphabeten verständlich machen.
  • 1502
    Gründung der Universität in Wittenberg, eine der ältesten Universitäten im deutschsprachigen Raum.
  • 1517
    Der Wittenberger Theologieprofessor Martin Luther (1483-1546) veröffentlicht seine 95 Thesen am 31. Oktober und gibt damit den Auftakt für die weitgreifende Bewegung der Reformation.
  • 1530
    Philipp Melanchthon (1497-1560), Professor für griechische Sprache in Wittenberg, verfasst die "Confessio Augustana". Sie brachte entscheidende reformatorische Standpunkte zum Ausdruck. Melanchthon gilt neben Luther als weitere treibende Kraft der Reformation. Wegen seiner humanistisch geprägten Universitäts- und Schulreform erhält er später den Ehrentitel "Praeceptor Germaniae" ("Lehrmeister Deutschlands").
  • 1552
    Die Marienbibliothek in Halle, eine der ältesten und größten Kirchenbibliotheken in Deutschland, wird gegründet.
  • 1631
    Während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) wird die protestantisch gebliebene Stadt Magdeburg von den kaiserlichen Truppen Tillys erstürmt und gebrandschatzt. Bis zu diesem Zeitpunkt gehört Magdeburg zu den bedeutendsten Städten "Deutschlands". Nach der Eroberung wird sie fast völlig zerstört. In der Folgezeit geht die zentrale Rolle der Stadt verloren.
  • 1654
    Der Magdeburger Bürgermeister und Naturforscher Otto von Guericke (1602-1686) führt seinen berühmten Halbkugel-Versuch zum Nachweis des Vakuums auf dem Regensburger Reichstag vor.
  • 1694
    Der brandenburgische Kurfürst Friedrich III. eröffnet die Universität in Halle.
  • 1698
    August Hermann Francke, der Hallenser Pietist und Begründer der Franckeschen Anstalten, lässt auf dem heutigen Gelände der Stiftungen das erste Waisenhaus bauen.
  • 1815/1816
    Die preußische Provinz Sachsen wird aus dem Nordteil des Sächsischen Königreichs, der nach dem Wiener Kongress (1814/1815) an Preußen fällt, "altpreußischen" Territorien wie der Altmark, Magdeburg und Halberstadt sowie weiteren Gebieten, die Preußen zugesprochen werden, gegründet. Die Provinzgründung verändert die Situation an Mittelelbe, unterer Saale und Harz grundlegend: In den 130 Jahren ihrer Existenz bildet sich eine mitteldeutsche Identität aus, und ein typischer Wirtschaftsraum erwächst infolge günstiger Bedingungen.
  • 1862
    Otto von Bismarck (1815 bis 1898) wird preußischer Ministerpräsident. Der am 1. April 1815 in Schönhausen (Altmark) geborene Sohn eines Gutsbesitzers wird 1871 der erste Reichskanzler des deutschen Kaiserreichs. Bis 1890 bestimmt er maßgeblich die deutsche Politik.
  • 1879
    Naumburg wird Sitz des Oberlandesgerichtes für die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt.
  • um 1924
    Magdeburg wird neben Frankfurt am Main zu einem Zentrum des Siedlungs- und sozialen Wohnbaus im Sinne des Neuen Bauens in Deutschland.
  • 1925 bis 1932
    Dessau bietet dem Bauhaus (1919 in Weimar begründet) eine Heimstatt. Als eine der ersten Hochschulen für Gestaltung führt es eine Reihe bedeutender Architekten und Künstler seiner Zeit zusammen und wird neben pädagogisch-innovativer Ausbildungsstätte auch Produktionsort und Mittelpunkt internationaler Diskussionen.
  • 1932
    Die NSDAP wird bei den Landtagswahlen in Anhalt stärkste Partei und stellt erstmals einen Ministerpräsidenten. Die neue Regierung lässt das Bauhaus schließen, das nach Berlin ausweicht.
  • 1933
    Am 30. Januar wird Adolf Hitler Reichskanzler. Die Länder werden "gleichgeschaltet". Durch diese Maßnahme verlieren sie ihre Selbstständigkeit. Reichsstatthalter in Halt wird der Gauleiter von Magdeburg-Anhalt. Regimegegner werden verfolgt und Konzentrationslager unter anderem in Prettin (Lichtenburg) eingerichtet.
  • 1938
    Während der Reichspogromnacht (9. und 10. November) kommt es zu schweren Ausschreitungen und Misshandlungen jüdischer Bürgerinnen und Bürger. In Dessau und Halle werden die Synagogen zerstört. Auch in anderen Orten der Region finden Gewaltexzesse statt.
  • 1939
    Mit dem Angriff Deutschlands auf Polen beginnt am 1. September der Zweite Weltkrieg. Das heutige Sachsen-Anhalt wird zu einem der wichtigsten Rüstungsstandorte in Deutschland ausgebaut.
  • 1942
    Am 20. Januar findet die Wannseekonferenz statt. Ihr einziger Tagesordnungspunkt ist die "Endlösung der Judenfrage". Zu diesem Zeitpunkt haben Einsatzgruppen in Polen und in der Sowjetunion bereits über 500.000 Juden ermordet.
  • 1944
    Am 20. Juli scheitert das Attentat auf Hitler. Zu den Männern des 20. Juli gehören der Magdeburger Hennig von Tresckow, der Teutschenthaler Rittergutsbesitzer Carl-Emil Wentzel und der frühere Regierungspräsident von Merseburg, Ernst von Harnack. Wentzel und Harnack werden hingerichtet, von Tresckow begeht an der Ostfront Selbstmord.
  • 1945
    Magdeburg, Dessau, Halberstadt, Zerbst und Merseburg werden kurz vor Kriegsende durch alliierte Luftangriffe zerstört. Am 8. Mai kapituliert die Wehrmacht bedingungslos. Die jüdische Gemeinde Halle zählt 1933 - zu Beginn der nationalsozialistischen Diktatur - etwa 1.200 Mitglieder - keine 30 sind es danach.
  • 1945 bis 1947
    Die Provinz Sachsen-Anhalt wird gebildet. Erster Ministerpräsident wird Dr. Erhard Hübener (LDP). Am 10. Januar 1947 erfolgt die Verkündung der Verfassung und am 21. Juli 1947 die Umbenennung in "Land Sachsen-Anhalt".
  • 1952
    Das Land Sachsen-Anhalt wird im Zuge der Zentralisierung der DDR aufgelöst und die Bezirke Halle und Magdeburg werden gebildet.
  • 1990
    Am 3. Oktober wird das Land Sachsen-Anhalt wiedergegründet. Die Bürger wählen am 14. Oktober erstmals nach 1946 in freier Wahl das Landesparlament. Zum ersten Ministerpräsidenten wird Dr. Gerd Gies (CDU) gewählt.
  • 1992
    Die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt wird am 16. Juli verkündet. Damit verfügt Sachsen-Anhalt nach Brandenburg und Sachsen als drittes neues Bundesland über eine demokratische Verfassung.

Literatur

  • Mathias Tullner: Geschichte des Landes Sachsen-Anhalt, 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Magdeburg / Opladen 2001.
  • Ders.: Die Revolution von 1848/49 in Sachsen-Anhalt, Magdeburg 1998 (beide sind als Publikationen der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt erschienen).
  • Ders. (Herausgeber.): Persönlichkeiten der Geschichte Sachsen-Anhalts, Halle 1998.
  • Hans-Joachim Bartmuß / Heinz Kathe: Kleine Geschichte Sachsen-Anhalts. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Halle 1992.
  • Sachsen-Anhalt. 1200 Jahre Geschichte - Renaissance eines Kulturraumes, herausgegeben von Gerd Biegel, Braunschweig 1993.
  • Geschichte Mitteldeutschlands. Das Begleitbuch zur Fernsehserie, herausgegeben vom Mitteldeutschen Rundfunk, Halle 2000