Pressemeldungen der Justiz - Verwaltungsgericht Dessau
(OLG NMB)
Rehabilitierungsverfahren wegen Aufenthaltes in DDR-Kinderheimen
16.11.2010, Naumburg (Saale) – 13
- Oberlandesgericht
Oberlandesgericht Naumburg - Pressemitteilung Nr.: 013/10
Oberlandesgericht Naumburg -
Pressemitteilung Nr.: 013/10
Naumburg, den 16. November 2010
(OLG NMB)
Rehabilitierungsverfahren wegen Aufenthaltes in DDR-Kinderheimen
Der heute 55jährige Beschwerdeführer lebte von 1961 bis
1967 in der ehemaligen DDR in verschiedenen Kinderheimen. Wegen dieser
Heimunterbringungen beantragte er im Dezember 2006 seine Rehabilitierung. Der
Antrag wurde von der Kammer für Rehabilitierungssachen des Landgerichts
Magdeburg am 21. Dezember 2007 zurückgewiesen. Die Zurückweisung
begründete das Gericht u. a. mit seiner örtlichen Unzuständigkeit sowie damit,
eine Freiheitsentziehung in Einrichtungen ohne strafenden Charakter unterliege
nicht der Rehabilitierung nach § 2 StrRehaG. Die hiergegen gerichtete Beschwerde
wies der zuständige Senat des Oberlandesgerichts Naumburg mit Beschluss vom 10.
März 2008 zurück.
Auf die Verfassungsbeschwerde des Antragstellers wurde
der Beschluss am 13. Mai 2009 von der 2. Kammer des Zweiten Senates des
Bundesverfassungsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an
das Oberlandesgericht Naumburg zurückverwiesen (2 BvR 718/08). Der Senat für
Rehabilitierungssachen des Oberlandesgerichts Naumburg hat nun mit Beschluss
vom 22. Oktober 2010 die Entscheidung des Landgerichts Magdeburg, soweit sie
Heimeinweisungen des Betroffenen nach 1966 betraf, aufgehoben und den
Rehabilitierungsantrag des Betroffenen insoweit als unzulässig verworfen. Im
übrigen wurde die Beschwerde zurückgewiesen.
Für die Rehabilitierung sei das Landgericht zuständig,
in dessen Bezirk - nach den Bezirksgrenzen der ehemaligen DDR - die Behörde die
Heimeinweisung verfügt habe. Dies sei hier für die nach 1966 erfolgten
Heimeinweisungen außerhalb des Bezirks Magdeburg geschehen. Insoweit sei die
angefochtene Entscheidung unter Verwerfung des diesbezüglichen Antrages
aufzuheben.
Die weitergehende Beschwerde sei unbegründet. Der
Aufenthalt in den Kinderheimen von 1961 bis 1966 habe keine mit wesentlichen
Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbare
Freiheitsentziehung oder ein ihr gleich gestelltes Leben unter haftähnlichen
Bedingungen dargestellt. Insoweit hätten sich nur Einschränkungen feststellen
lassen, wie sie im Rahmen der allgemeinen Heimerziehung und -aufsicht damals
üblich gewesen seien. Diese Freiheitsbeschränkungen aber würden vom
strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz nicht erfasst. Die Anordnung der
Heimerziehung habe auch nicht der politischen Verfolgung gedient. Hintergrund
sei die familiäre Situation des Betroffenen gewesen. Die Unterbringung in den
Kinderheimen habe auch in keinem groben Missverhältnis zum Anlass der
Entscheidung der Jugendhilfe gestanden.
2 Ws
Reh 8/10 OLG Naumburg
Reh.
5715/06 LG Magdeburg
StrRehaG Gesetz über die Rehabilitierung und
Entschädigung von
Opfern
rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen
im Beitrittsgebiet
gez. Wolter
Pressesprecherin OLG
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