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Gemeinsame Medieninformation:
Justizminister fordern Rechtsklarheit zum Atom-Moratorium und neues Atomgesetz
07.04.2011, Magdeburg – 19
- Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz
Ministerium der Justiz - Pressemitteilung Nr.: 019/11
Ministerium der Justiz -
Pressemitteilung Nr.: 019/11
Magdeburg, den 7. April 2011
Gemeinsame Medieninformation:
Justizminister fordern Rechtsklarheit zum Atom-Moratorium und neues Atomgesetz
Vor dem Hintergrund der
eingereichten Klage des Energiekonzerns RWE gegen das Land Hessen und der nach
wie vor unsicheren Rechtslage des Atom-Moratoriums
wenden sich die sozialdemokratischen Justizminister der Länder Thüringen,
Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz an ihre Fachkollegin,
Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. ¿Entscheidungen von dieser
politischen, wirtschaftlichen, finanziellen und auch rechtlichen Tragweite
sind unbedingt erklärungsbedürftig. Allein der Satz, man sei sicher, dass das
Atom-Moratorium sicher sei, reichten dafür nicht aus. Die
Bundesjustizministerin sollte daher das Ergebnis einer möglicherweise in ihrem
Ministerium veranlassten Rechtsprüfung öffentlich machen und damit für mehr
Rechtsklarheit sorgen¿, fordert Thüringens Justizminister Holger Poppenhäger die
Bundesjustizministerin auf, eine klare Position zu dieser Rechtsfrage zu
beziehen. Den Umstand, dass bislang keine Stellungnahme des
Bundesjustizministeriums bekannt ist, interpretieren ihre Fachkolleginnen und
-kollegen aus den Ländern so, dass auch Frau Leutheusser-Schnarrenberger an der
rechtlichen Zulässigkeit des zeitweiligen Abschaltens der Atomkraftwerke
zweifelt.
Die vorübergehende Stilllegung der
älteren Kernkraftwerke stützt die Bundesregierung auf § 19 Abs. 3 des Atomgesetzes
(¿staatliche Anordnung aus Sicherheitsgründen¿). Nach der Auffassung der drei
Justizminister ist das Moratorium der Bundesregierung hingegen rechtlich
nicht wirksam. Rechtsverbindlichkeit könne nur durch eine Gesetzesänderung
geschaffen werden, jedoch nicht durch ein freiwillig oder "zwangsweise"
durchgesetztes Moratorium. Der Verweis der Bundesregierung auf eine
Ermächtigung nach § 19 Abs. 3 Atomgesetz reiche für eine auch nur
vorübergehende Außerkraftsetzung des Gesetzes nicht aus. Diese Norm könne die
Stilllegung der sieben älteren Atomkraftwerke in Deutschland allenfalls dann
rechtfertigen, wenn deren Betrieb derzeit gesetzes- oder genehmigungswidrig
ist.
Würden diese Auslegung nun
durch ein Gericht bestätigt, sind Schadenersatzforderungen der Betreiber
der stillgelegten Atomkraftwerke nicht auszuschließen. Unklar ist
dabei, ob die dann drohenden beträchtlichen Forderungen gegen
den Bund zu richten sind oder gegen das das Atomgesetz im Auftrag des Bundes
ausführende Land, das die Stilllegungsanordnung erlassen hat. Auch hier
fordern die Minister die Bundesregierung auf, sich rasch dazu zu erklären, wer
die Kosten für diese Rechtsstreite und etwaigen Schadenersatz trägt. Die
Justizminister erwarten, dass der Bund sämtliche Forderungen übernimmt und die
Länder davon entlastet. ¿Wir brauchen so schnell wie möglich gesetzlichen
Grundlagen, damit die nötige Rechtssicherheit gegeben ist¿, so die Justizministerin
von Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Angela Kolb.
Dass der drängende Handlungsbedarf
inzwischen auch in Berlin erkannt wurde, begrüßen die Justizminister. Denn
derzeit deutet sich an, dass eine neue gesetzliche Grundlage für die
Rechtsfragen, die sich aus dem von der Bundesregierung veranlassten Moratorium
ergeben, erarbeitet wird. ¿Wir wollen unseren Teil zu einer sicheren atomfreien
Energieversorgung beitragen¿, bieten sie ihre Unterstützung an. ¿Es dürfen nun
nicht noch mehr alte Versäumnisse wiederholt werden. Bei der jetzt dringend
anstehenden gesetzlichen Neureglung muss der Bundesrat umfassend und
rechtzeitig beteiligt werden¿, fordert der nordrhein-westfälische
Justizminister Thomas Kutschaty.
¿Wir stehen vor einer großen
Aufgabe. Darum brauchen wir eine breite gesellschaftliche Debatte, wann
und wie der Ausstieg aus der Atomenergie und der komplette Umstieg auf
erneuerbare Energien gut gelingen können¿, sagte der rheinland-pfälzische Justizminister
Heinz-Georg Bamberger.
Hintergrund
Mit dem Elften Gesetz zur Änderung
des Atomgesetzes erfolgte eine Verlängerung der Laufzeit der gegenwärtig noch 17
Kernkraftwerke in Deutschland um durchschnittlich zwölf Jahre. Strittig war
hier nicht die Beteiligung des Bundesrates überhaupt, sondern die
Zustimmungsbedürftigkeit dieses Gesetzes. Der Bundesrat war am Gesetzgebungsverfahren
beteiligt. Eine Reihe namhafter Staats- und Verfassungsrechtler hatten die
Zustimmungsbedürftigkeit bejaht. Der Bundestag hat die andere Auffassung
vertreten und das Gesetz ohne Einholung der Zustimmung des Bundesrates beschlossen.
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