Aktuelle Pressemitteilungen - Ministerium für Justiz und Gleichstellung
Gemeinsame Pressemitteilung -
Entwurf für Landesstrafvollzugsgesetz vorgelegt
05.09.2011, Magdeburg – 49
- Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz
Ministerium für Justiz und Gleichstellung - Pressemitteilung Nr.:
049/11
Ministerium für Justiz und
Gleichstellung - Pressemitteilung Nr.: 049/11
Magdeburg, den 6. September 2011
Gemeinsame Pressemitteilung -
Entwurf für Landesstrafvollzugsgesetz vorgelegt
Magdeburg (MJ). Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einer zeitgemäßen
Strafvollzugsgesetzgebung in Deutschland ist erreicht. Eine Arbeitsgruppe aus
Vertretern der Justizverwaltungen in Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern,
Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und
Thüringen hat nach eineinhalbjährigen Beratungen den Entwurf für ein
einheitliches Strafvollzugsgesetz vorgelegt. Dies teilten die Justizministerinnen
und Justizminister der beteiligten Länder heute mit. Sie erklärten hierzu:
¿Wir freuen uns, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit
unserer Länder mit dem Entwurf für ein Strafvollzugsgesetz seine Fortsetzung
gefunden hat. Schon mit dem Jugendstrafvollzugsgesetz und dem
Untersuchungshaftvollzugsgesetz haben wir gemeinsam tragfähige Rechtsgrundlagen
für diesen überaus sensiblen Bereich unserer Gesellschaft erarbeit und mit
Erfolg in die Praxis umgesetzt. Diesen Weg setzen wir nun für den
Erwachsenstrafvollzug fort. Der Entwurf für ein Strafvollzugsgesetz betont die
Wiedereingliederung der Gefangenen in die Gesellschaft, verliert aber die
Sicherheitsinteressen der Bürgerinnen und Bürger nicht aus dem Blick. Er nimmt
die aktuelle Fachdiskussion etwa im Hinblick auf die der Bedeutung einer
zielgerichteten therapeutischen Auseinandersetzung der Gefangenen mit ihren
Defiziten sowie ihrer beruflichen Qualifizierung für den Übergang in die
Freiheit auf.¿
Der Entwurf ist die Basis für die weitere
Gesetzgebungsarbeit in den beteiligten Ländern. Wie die Justizministerinnen und
-minister betonen, kann es dabei im Hinblick auf landesspezifische
Besonderheiten zu Anpassungen im Einzelfall kommen. Die Ministerinnen und
Minister sind sich aber einig: ¿Die Zielrichtung stimmt¿.
Der Entwurf trägt den Anforderungen an einen konsequent am
Resozialisierungsgedanken sowie an rechts- und sozialstaatlichen Erwägungen
ausgerichteten Strafvollzug insbesondere durch folgende Vorgaben Rechnung:
Es wird ein in der Regel
standardisiertes Diagnoseverfahren eingeführt, welches eine zügige und
genaue Analyse der jeweils der Straffälligkeit zu Grunde liegenden
Ursachen ermöglicht. Hierbei werden auch sog. Schutzfaktoren, nämlich die
bestehenden Fähigkeiten der Gefangenen, deren Stärkung einer erneuten
Straffälligkeit entgegenwirken kann, in den Blick genommen.
Ein deutlicher Schwerpunkt liegt
in der Ausrichtung des Vollzugs auf die Eingliederung der Gefangenen in
das Leben in Freiheit, und zwar von Beginn der Haftzeit an. Die
erforderlichen Maßnahmen werden im Vollzugs- und Eingliederungsplan
frühzeitig festgelegt und nach dessen Maßgabe umgesetzt. Die Anstalt hat
ein Netzwerk aufzubauen, das den Gefangenen den Übergang vom
Vollzugsalltag in das Leben in Freiheit erleichtert und eine
kontinuierliche Betreuung der Entlassenen einschließlich der Fortführung
begonnener Maßnahmen gewährleistet. Die sozialen Dienste der Justiz
beteiligen sich frühzeitig an der Eingliederungsplanung der Anstalt.
Die Möglichkeiten der Erprobung
in Lockerungen werden erweitert. Der allgemeine Maßstab des
Jugendstrafvollzugsgesetzes wird übernommen, wonach Lockerungen gewährt
werden dürfen, wenn verantwortet werden kann zu erproben, dass die
Gefangenen sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe nicht entziehen oder die
Lockerungen nicht zu Straftaten missbrauchen werden. Darüber hinaus wird
in einem Zeitraum von sechs Monaten vor der voraussichtlichen Entlassung
der Maßstab dahingehend verändert, dass Lockerungen, die für die
Eingliederung notwendig sind, gewährt werden, wenn eine Flucht oder ein
Missbrauch nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.
Auf eine Mitwirkungspflicht wird
zwar verzichtet, den Gefangenen wird aber die Notwendigkeit ihrer
Mitwirkung zur Erreichung des Vollzugsziels deutlich vor Augen geführt.
Maßnahmen, die für die
Erreichung des Vollzugsziels als zwingend erforderlich erachtet werden,
gehen allen anderen Maßnahmen vor und werden vergütet, um einen
finanziellen Anreiz für die Teilnahme zu schaffen.
Wesentliche vollzugliche
Maßnahmen, die der Verbesserung der Legalprognose dienen, wie
beispielsweise Arbeitstherapie, Arbeitstraining und Psychotherapie, werden
erstmals definiert.
Die Sozialtherapie wird neu
ausgerichtet. Anknüpfungspunkt für die verpflichtende Unterbringung in
einer sozialtherapeutischen Einrichtung ist nicht die der Verurteilung zu
Grunde liegende Straftat, sondern die Verringerung einer erheblichen
Gefährlichkeit des Täters. Abgestellt wird daher auf die zu erwartenden
Straftaten. Erfasst sind Gefangene, von denen schwerwiegende Straftaten
gegen Leib oder Leben, gegen die persönliche Freiheit oder gegen die
sexuelle Selbstbestimmung zu erwarten sind. Da nunmehr auch
Gewaltstraftäter verpflichtend in einer sozialtherapeutischen Abteilung
unterzubringen sind, wird die Anzahl der Plätze entsprechend zu erhöhen
sein.
Die im Leistungsbereich vielfach
bestehenden Defizite der Gefangenen sollen durch schulische und berufliche
Qualifizierungsmaßnahmen, Arbeitstraining und Arbeitstherapie beseitigt
und deren berufliche Eingliederung besser als bisher gefördert werden.
Daneben wird es Erwerbsarbeit geben, die in erster Linie dem Gelderwerb
dient und als Nebenfolge positive Effekte, wie beispielsweise die Stärkung
des Selbstwertgefühls oder eine klare Struktur im Tagesablauf, erzielen
kann.
Einzelunterbringung während der
Einschlusszeiten ist als Grundsatz festgeschrieben. Dieser Grundsatz ist
elementar, weil er nicht zuletzt auch dem Schutz der Gefangenen vor
Übergriffen dient. Er kann nur in Ausnahmefällen aus bestimmten Gründen
durchbrochen werden.
Der offene und der geschlossene
Vollzug sind als gleichrangige Unterbringungsformen vorgesehen, da die
Unterbringungsform der Gefangenen allein von ihrer Eignung abhängt.
Dem Bedürfnis der Gefangenen
nach sozialen Kontakten, insbesondere zur Familie, wird durch eine
Verdoppelung der Mindestbesuchsdauer auf zwei Stunden monatlich Rechnung
getragen. Auch der Langzeitbesuch wird gesetzlich geregelt.
Der Entwurf geht davon aus, dass
es nicht nur eine Aufgabe des Staates, sondern der gesamten Gesellschaft
ist, an der Eingliederung der Gefangenen mitzuwirken.
Information:
Der Musterentwurf ist zum besseren Verständnis an das
Thüringische Landesrecht angepasst. Er ist auf der Homepage der beteiligten
Landesjustizverwaltungen als pdf-Dokument
abrufbar.
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