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Justiz reagiert auf
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Untersuchungshaft
11.08.2006, Magdeburg – 62
- Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz
Ministerium der Justiz - Pressemitteilung Nr.: 062/06
Ministerium der Justiz -
Pressemitteilung Nr.: 062/06
Magdeburg, den 11. August 2006
Justiz reagiert auf
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Untersuchungshaft
Magdeburg (MJ). Folgen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
für die Gerichtspraxis haben Sachsen-Anhalts Justizministerin Professor Angela
Kolb und Vertreter der Justiz in Magdeburg erörtert. Die im März und April 2006
veröffentlichten Urteile konkretisieren die Anforderungen, um Tatverdächtige
bis zur Eröffnung der Hauptverhandlung und während der Dauer des Prozesses in
Untersuchungshaft zu halten. So muss zügig ermittelt, terminiert und dann
regelmäßig verhandelt werden. Selbst im Schreibdienst darf es nicht zu
Verzögerungen kommen.
Schon bisher galten für die Justiz die so genannte
Sechs-Monats-Frist (§ 121 StPO) und der Beschleunigungsgrundsatz, nachdem zügig
ermittelt und danach bei Gericht zügig verhandelt werden muss. ¿Solange kein
Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende
Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der
Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur
aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere
Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht
zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen¿, heißt es im Gesetz. Als
Folge dieser Regelung waren in Sachsen-Anhalt in Einzelfällen Tatverdächtige
aus der U-Haft entlassen worden, weil nicht innerhalb von sechs Monaten nach
Erlass des Haftbefehls mit der Verhandlung begonnen werden konnte.
Die jetzt vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten
Parameter können im Gerichtsalltag insbesondere dann zu Problemen führen, wenn
es zu Belastungsspitzen in Strafkammern kommt. ¿Die Justiz tut das Möglichste,
um zu vermeiden, dass Verdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen werden
müssen¿, so Justizministerin Professor Angela Kolb. Es könne aber nicht absolut
ausgeschlossen werden, dass Richter im Extremfall vor der Entscheidung stünden,
z. B. einen Dieb bis zur Hauptverhandlung auf freien Fuß zu setzen, um einen
Gewaltverbrecher, von dem eine erhebliche Gefahr für die Bevölkerung ausgeht,
entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in U-Haft halten zu können.
¿Die Sicherheit der Bürger steht im Mittelpunkt¿, so die Ministerin.
Die Einhaltung der Vorgaben des Verfassungsgerichts für
eine länger dauernde U-Haft obliegt in erster Linie den mit den Verfahren
befassten Staatsanwälten und Richtern. Die Gerichtspräsidenten haben den für einen
zügigen Geschäftsablauf erforderlichen organisatorischen Rahmen zu schaffen.
Die von den Richtern gewählten Präsidien müssen im Falle der Überlastung über
einen zusätzlichen Richtereinsatz entscheiden. Sie haben in Sachsen-Anhalt
bisher unterschiedliche Wege beschritten, die bei dem Treffen dargestellt und
diskutiert wurden. So wurde am Landgericht Dessau eine Hilfsstrafkammer
eingerichtet. In Magdeburg sind der Wirtschaftsstrafkammer zusätzlich Haftsachen
zugewiesen worden und in Halle wurde der Strafbereich durch Personalmaßnahmen
entlastet. In Stendal zeigen sich dagegen bisher keine Probleme, die
Veränderungen erfordert hätten.
Den verschärften Anforderungen des
Bundesverfassungsgerichts auch für das staatsanwaltschaftliche
Ermittlungsverfahren hat die Generalstaatsanwaltschaft durch fortlaufende
Anpassung ihrer bestehenden Richtlinien für die Bearbeitung von Haftsachen
Rechnung getragen.
¿Wichtig ist bei der Strafverfolgung, dass alle Rädchen
ineinander greifen - von der polizeilichen Ermittlungsarbeit über die Arbeit
der Staatsanwaltschaften bis zur endgültigen Verurteilung des Täters vor
Gericht. Hier sind die unterschiedlichen Ebenen und Institutionen innerhalb und
außerhalb der Justiz gefordert, die Bevölkerung auch unter den jetzt
erschwerten Bedingungen effektiv zu schützen¿, betonte Ministerin Kolb.
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