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Pressemitteilungen der Ministerien

Rede von Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff zum Tagesordnungspunkt 1 ? Nachtragshaushaltsgesetz in der Landtagssitzung am 30. März 2020

30.03.2020, Magdeburg – 142

  • Staatskanzlei und Ministerium für Kultur

 

 

Es

gilt das gesprochene Wort!

 

Frau

Präsidentin,

 

sehr

geehrte Mitglieder des Landtages,

 

 

 

wir

befinden uns in einer der schwersten Krise der jüngeren Zeit. Das Coronavirus

breitet sich in Deutschland rasant aus. Die Lage ist sehr ernst. In

Sachsen-Anhalt sind von derzeit 635 Fällen 53 hospitalisiert  aber auch

137 Personen allem Anschein nach wieder gesund. In Jessen hat sich seit

Donnerstag die Lage dramatisch zugespitzt. Die Ortsteile Schweinitz und Jessen

sind unter Quarantäne gestellt. Nichts ist mehr so, wie es einmal war.

 

 

 

Deutschland

befindet sich in einem existenziellen Ausnahmezustand. Das öffentliche Leben

ist sehr stark eingeschränkt. Die Pandemie wirkt sich auf die Bewegungsfreiheit

aller Bürgerinnen und Bürger unseres Landes aus. Die erlassenen 

Restriktionen stellen viele Menschen vor große Herausforderungen. Aber klare Regeln

sind in dieser Lage unumgänglich. Es geht um unser aller Gesundheit und um

unser aller Leben. Daher appelliere ich nochmals an alle Bürgerinnen und Bürger

in Sachsen-Anhalt: Halten Sie Abstand, schränken Sie Ihre sozialen Kontakte auf

ein Minimum ein und bleiben Sie zu Hause. Mehr denn je gilt: Meine Freiheit

hört dort auf, wo die Freiheit des anderen beginnt.

 

 

 

Krisensituationen

erfordern besondere Verhaltensregeln. Deshalb hat die Landesregierung in enger

Abstimmung mit dem Bund und den Kommunen im Land umfangreiche Maßnahmen zur

Eindämmung des Virus beschlossen. Ich beschränke mich hier auf die Nennung der

wichtigsten. Bis einschließlich Sonntag, 19. April, soll das öffentliche Leben

in Sachsen-Anhalt weitgehend ruhen. Schulen und Kindertagesstätten bleiben bis

dahin geschlossen. Gaststätten sind für den Publikumsverkehr zu schließen, und

das Öffnen von Ladengeschäften jeder Art ist verboten. Zum Schutz besonders

gefährdeter Gruppen sind die Besuchsregelungen in Krankhäusern und Pflegeheimen

verschärft worden. Vor dem 19. April wird es hier keine Veränderung geben,

gegebenenfalls müssen wir diese Maßnahmen verlängern.

 

 

 

Des

Weiteren haben wir eine Kontaktsperre verordnet. Der Aufenthalt im öffentlichen

Raum ist nur alleine, mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person oder

im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstandes gestattet. Der Weg zu zwingend

notwendige Tätigkeiten sind aber möglich. Diese vorübergehenden

Kontaktbeschränkungen treten mit Ablauf des 5. April 2020 außer Kraft. In

dieser Woche werden wir aufgrund fachlicher Expertisen über eine Verlängerung

der Kontaktsperre entscheiden. Eins bleibt unbestritten: Die Wirksamkeit dieser

Schutzmaßnahmen hängt von uns allen ab. Die angeordneten Maßnahmen werden wir,

wenn es erforderlich ist, auch polizeilich durchsetzen.  

 

 

 

Zur

Bewältigung der Krise und deren weitreichenden Folgen bringt die

Landesregierung heute einen Nachtragshaushalt ein. Er hat ein Volumen von 500

Millionen Euro. Sie setzen sich wie folgt zusammen: 141 Millionen entstammen

dem Restbetrag aus der Steuerschwankungsreserve. Wir setzen zweitens die

Altschuldentilgung in diesem Jahr aus. Das bringt uns weitere 100 Millionen

Euro. Und wir nehmen drittens rund 259 Millionen Euro neue Kredite auf. Das ist

zwar nicht erfreulich, aber in solchen Krisenzeiten geboten: schon allein mit

Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung.

 

 

 

Unsere

Wirtschaft steht durch die Corona-Pandemie vor einer gewaltigen

Bewährungsprobe. Für viele Betriebe und Unternehmen in Sachsen-Anhalt stellt

sich in diesen Tagen die Existenzfrage. Die Landesregierung hat sich deshalb

auf ein Hilfspaket verständigt. Es sieht insbesondere Zuschüsse für

Solo-Selbstständige und kleinere Unternehmen mit 11 bis 50 Mitarbeiter vor und

schließt damit die Lücke bei der Bundesförderung. Das Bundesprogram sieht

demgegenüber nur Zuschüsse bei Unternehmen bis 10 Mitarbeitern und Darlehen bei

größeren Betrieben  vor.  So sollen mit dem zusätzlichen

Landesprogramm Insolvenzen vermieden und Arbeitsplätze gesichert werden. In

Anlehnung an das Hilfspaket des Bundes hat das Wirtschaftsministerium eine

Richtlinie zur Corona-Soforthilfe erlassen. Das Gesamtvolumen der Zuschüsse

wird insgesamt 150 Millionen betragen. Diese werden gestaffelt ausgezahlt.

Unternehmen mit

 

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bis zu 5 Mitarbeitern erhalten bis zu 9.000 Euro,

 

?          

6 bis 10 Mitarbeitern bis zu 15.000 Euro,

 

?          

11 bis 25 Mitarbeitern bis zu 20.000 Euro,

 

?          

26 bis 50 Mitarbeitern bis zu 25.000 Euro.

 

Ausgereicht

werden die Zuschüsse über die Investitionsbank Sachsen-Anhalt. Ab heute können

sich Unternehmer und Solo-Selbstständige den Antrag auf den Internetseiten der

Bank herunterladen. Um die beantragten Hilfen schnellstmöglich auszuzahlen,

bündelt die Investitionsbank ihre Kapazitäten. Ziel ist es, die Hilfen

innerhalb von wenigen Tagen nach Antragseingang auszuzahlen.

 

 

 

Wir

können Unternehmen auch mit Bürgschaften helfen. Bisher sind im Haushalt 10

Millionen Euro für den Fall von Inanspruchnahmen von Bürgschaften etatisiert.

Das Ausfallrisiko wird aber steigen. Von den 500 Millionen des Nachtrags sind

daher 20 Millionen Euro für die Verstärkung des Bürgschaftstitels vorgesehen.

Wir verdreifachen die Vorsorge.

 

 

 

Auch

im Bereich Soziales wird das Nötige getan. 60 Millionen Euro stellen wir für

den Ausgleich des Verdienstausfalls von Eltern bei behördlich angeordneter

Kita- oder Schulschließung bereit. Darüber hinaus werden Kommunen die

Einnahmeausfälle für nicht erhobene Kitabeiträge ? zunächst für den Monat April

- erstattet. Dafür stehen 15 Millionen Euro zur Verfügung. Die Kommunen sind

durch einen gemeinsamen Erlass des Sozial- und Innenministeriums am vergangenen

Freitag hierüber unterrichtet worden. Damit haben wir sozialverträgliche und

unkomplizierte Regelungen geschaffen. Erstens unterstützt das Land Eltern,

deren Kinder nicht in Kita bzw. Hort betreut werden können und die durch

Kinderbetreuung oder Kurzarbeit Einkommenseinbußen haben. Zweitens greifen wir

aufgrund der Finanzierungssystematik den Kommunen im Land unter die Arme, die

vor dem Hintergrund von angeordneten Kita- und Hortschließungen Eltern die

Beiträge erstatten. Das Ministerium für Inneres und Sport ist zudem gebeten,

durch geeignete Maßnahmen wie die Anpassung der Obergrenzen für Liquiditätskredite

für kontinuierliche Liquidität der Kommunen zu sorgen.

 

 

 

Der

Bund hat die Mehrkosten für die Änderungen nach dem SGB II insgesamt auf eine

Höhe von 9,6 Milliarden Euro geschätzt. Davon entfallen 7,5 Milliarden Euro auf

den Bund und 2,1 Milliarden Euro auf die Kommunen. Bricht man diese 2,1

Milliarden Euro auf Basis der Kosten für Unterkunft und Heizung aller

Bundesländer in 2018 auf unser Land herunter, so lassen sich hieraus zu

erwartende Mehrausgaben für unsere Landkreise und kreisfreien Städte in Höhe

von ca. 70 Millionen Euro ableiten. Diese 70 Millionen Euro wollen wir ihnen

pauschaliert erstatten. Nicht auszuschließen ist, dass die Gemeinden im

weiteren Jahresverlauf mit geringeren Gewerbesteuereinnahmen und geringeren

Anteilen an der Einkommenssteuer und Umsatzsteuer rechnen müssen. Das kann bei

Gemeinden, die ihre Kassenkredite schon heute ausschöpfen müssen, zu

Liquiditätsproblemen führen. Auch hier wollen wir helfen. Deshalb verdoppeln

wir den Ausgleichsstock. Hierfür setzen wir 40 Millionen Euro aus dem Volumen

des Nachtrags ein.

 

 

 

Zur

Bekämpfung der Pandemie im engeren Sinne wie zum Beispiel der Unterstützung der

kommunalen Gesundheitsämter oder der bestmöglichen Ausstattung von Polizei und

Feuerwehren sollen weitere 20 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden.

Bereits im Vorgriff auf die von uns mit dem Haushalt 2020/2021 für die

Krankenhausinvestitionen getätigten Weichenstellungen sollen zusätzlich 25

Millionen Euro im Wege der Pauschalförderung verfügbar sein.

 

 

 

In

den nächsten Wochen werden auch viele auf Landesförderung angewiesene Vereine

und Verbände massive Probleme bekommen. Bereits am Freitag hat der

Finanzminister per Erlass Erleichterungen im Zuwendungsrecht geschaffen. Das

wird aber nicht reichen. Für die vielfältigen auf uns zukommenden

Fallkonstellationen und für Billigkeitsleistungen sind noch einmal 15 Millionen

Euro reserviert. Und schließlich behalten wir von den 500 Millionen Euro einen

Puffer von rund 85 Millionen Euro für weitere Maßnahmen.

 

 

 

Erinnern

möchte ich auch an die Soforthilfe für Künstlerinnen und Künstler. Sie kann

maximal für zwei Monate beantragt werden und beträgt, bundesweit einmalig, pro

Person und Monat 400 Euro. Wir werden alles tun, um die Folgen der Coronakrise

zu mildern und die Gesundheit unserer Menschen zu schützen. Dabei sind wir auf

die Mithilfe vieler Menschen angewiesen. Gemeinsam sind wir

stark.     

 

 

 

Deshalb

möchte ich abschließend noch etwas Persönliches sagen. Es beeindruckt mich, zu

sehen, wie viele Menschen in diesen Tagen Gesten der Mitmenschlichkeit zeigen.

Es zeigt sich eindrucksvoll: Unsere Gesellschaft ist nicht kalt und egoistisch.

Die vielen unbekannten Helferinnen und Helfer, die sich in der Krise

uneigennützig in den Dienst ihrer Mitmenschen stellen, geben unserer Gesellschaft

ein menschliches Antlitz. Das verdient unser aller Anerkennung. Mein großer

Dank gilt allen Menschen, die in dieser schweren Zeit unser Land am Laufen

halten und die Grundversorgung sichern.

 

 

 

Ich

denke an die Menschen, die in Krankenhäusern, in Pflege- und Altersheimen oft

bis an die Grenze ihrer Belastbarkeit gehen. Ihnen, den Ärztinnen und Ärzten,

den Krankenschwestern, dem Pflegepersonal, den Mitarbeiterinnen und

Mitarbeitern der Krankenhäuser gilt mein tief empfundener Respekt. Dank ihrer

Hilfe und ihrer Kompetenz sind wir im Notfall gut versorgt.

 

 

 

Auch

viele andere Berufsgruppen sorgen dafür, dass unsere Gesellschaft nicht

zusammenbricht und unsere Grundbedürfnisse erfüllt werden. Das gilt für die

vielen Selbständigen, den Bäcker, den Metzer und den Landwirt, das gilt für die

Verkäuferin im Supermarkt ebenso wie für den LKW-Fahrer, die Erzieherin, den

Paketboten, den Müllmann oder den Polizeibeamten. Ihnen wird wie vielen anderen

Menschen, die in systemrelevanten Berufen tätig sind, in diesen Tagen und

Wochen sehr viel abverlangt. Und sie meistern ihre schwierigen Aufgaben mit

großer Hingabe und Bravour. Diese Menschlichkeit darf uns auch nach der

Coronakrise nicht verloren gehen. Dann können wir gestärkt aus dieser

existenziellen Krise hervorgehen.

 

 

 

 

 

 

 

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