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Pressemitteilungen der Ministerien

Redebeitrag von Innenminister Dr. Püchel: Zum Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der Jagdsteuer im Land Sachsen-Anhalt

16.08.2001, Magdeburg – 114

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 114/00

 

Magdeburg, den 14. September 2000

 

 

Redebeitrag von Innenminister Dr. Püchel: Zum Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der Jagdsteuer im Land Sachsen-Anhalt

 

TOP 12 der Landtagssitzung am 14./15.9.2000

Es gilt das gesprochene Wort!

Mit dem vorliegenden Antrag will die CDU-Fraktion die Jagdsteuer aufs Korn nehmen und zum Abschuss freigeben. Fraglich ist allerdings nur, ob der Schuss nicht "nach hinten los geht".

Denn mit der Jagdsteuer gerät eine der letzten Einnahmemöglichkeiten der Kreise in Gestalt einer örtlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuer "unter Beschuss", die ihre Grundlage im Steuerfindungsrecht der Kommunen nach Art. 105 des Grundgesetzes findet.

Dieses Steuerfindungsrecht hat das Land Sachsen-Anhalt mit der Schaffung einer Möglichkeit für die Erhebung einer Jagdsteuer im KAG den kreisfreien Städten und den Landkreisen überlassen. Die Entscheidung über die Erhebung einer Jagdsteuer fällt also vor Ort durch eine Satzung, beschlossen in der kommunalen Vertretungskörperschaft. Und was zwingt uns eigentlich dieses zu ändern?

Die Regelung ist auch im Ländervergleich nichts Besonderes. Im Gegenteil: In allen Bundesländern mit Ausnahme von Bayern besteht eine vergleichbare Rechtslage.

Im vorliegenden Gesetzentwurf wird lediglich eine allgemeine Kritik an der Jagdsteuer erhoben , die sich im Kern auf folgende vier Punkte stützt:

 

 

die Jagdsteuer sei nicht mehr zeitgemäß, weil sich das Bild der Jägerschaft gewandelt hätte,

es sei nicht begründbar, weshalb die Ausübung des Jagdrechts mit Steuern belegt wird, während andere mindestens ebenso aufwendige Freizeitbeschäftigungen keiner Besteuerung unterliegen,

es sei ungerecht, dass die landeseigenen Jagdbezirke von der Erhebung der Jagdsteuer ausgenommen sind

und der Verwaltungsaufwand stehe in keinem Verhältnis zu den nur geringfügigen Einnahmen.

 

Unstrittig ist, dass der Jagdverband ein anerkannter Naturschutzverband ist und dass Revierinhaber Zeit und Geld in die Erhaltung, Pflege und Wiederherstellung der natürlichen Lebensräume investieren.

Daraus kann man aber keinen Verzicht auf die Steuererhebung herleiten, denn diese Maßnahmen sind nicht ganz uneigennützig. Schließlich dienen sie letztlich auch dem Erhalt und der Steigerung der Attraktivität des Reviers und damit auch der Verbesserung der Jagdmöglichkeiten.

Die vermeintliche Ungleichbehandlung durch die unterschiedliche Besteuerung verschiedener Freizeitaktivitäten, ist verfassungsrechtlich mehrfach überprüft worden. In seiner Entscheidung vom 10.8.1989 (2 BvR 1532/88) stellt das Bundesverfassungsgericht zur Jagdsteuer unmissverständlich fest, dass der Gesetzgeber nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt, wenn er sich für die Besteuerung der Jagdausübung, aber gegen eine Besteuerung anderer Freizeitaktivitäten wie z.B. Pferdesport, Motorsport, Golf oder Flugsport entscheidet.

Auch die Befreiung landeseigener Jagdbezirke von der Besteuerung ist keine Ungleichbehandlung. Denn in der bereits erwähnten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht ebenfalls festgestellt, dass eine Differenzierung der Besteuerung zwischen privaten Jagdbezirken und Jagdbezirken der Gebietskörperschaften ebenfalls nicht gegen Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung veranlasst also weder hinsichtlich der Frage der vorgetragenen "Ungleichbehandlung der Freizeitaktivitäten" noch zu der als "ungerecht" empfundenen Freistellung landeseigener Jagdbezirke gesetzgeberische Aktivitäten.

Auch die Behauptung, die Erhebung erbringe nur geringe Einnahmen denen ein hoher Verwaltungsaufwand gegenüber stünde, stimmt so nicht. Nach Aussage des Statistischen Landesamtes betrug die Jagdsteuer für den Zeitraum 1993 ¿ 1999 insgesamt 1.780.189 DM.

Im Jahre 1999 verteilte sich das Aufkommen in Höhe von 322.190 DM auf 12 Landkreise. Wobei die Spanne von 2.024 DM bis 75.038 DM reichte. Nach der Einschätzung des Landkreistages liegt der Verwaltungsaufwand bei ca. 2500 DM. Bezogen auf die Einnahmen der einzelnen Landkreise ist die Erhebung im Regelfall also auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit gerechtfertigt.

Im übrigen ist die Entscheidung, ob der Verwaltungsaufwand die Steuererhebung rechtfertigt, letztlich vor Ort zu treffen.

Anrede,

auch im Hinblick auf die Finanzbeziehungen zu den Gemeinden ist die Einnahme durch die Jagdsteuer nicht zu vernachlässigen. Eine Verkürzung der Einnahmen der Landkreise aus Steuern hätte, wenn andere Einnahmequellen nicht erschließbar sind, Auswirkungen auf die Höhe der Kreisumlage.

Zu meinem völligen Erstaunen gehen die Verfasser des Gesetzentwurfs wie selbstverständlich davon aus, dass die änderung für den Landeshaushalt keine Kostenauswirkungen hat.

 

Anrede,

solange liegen die Entscheidungen des Landesverfassungsgerichtes zum öPNV-Gesetz und zum KIBEG nun doch noch nicht zurück, dass die wesentlichen Aussagen bereits in Vergessenheit geraten sein könnten.

Im Wesentlichen wurde damals ausgeführt, dass ¿ ich zitiere - "Artikel 87 Abs. 3 der LVerf-LSA eine Schutzfunktion für die Kommunen in der Weise erfüllt, dass der Gesetzgeber bei jeder Aufgabenübertragung die damit verbundenen finanziellen Belastungen berücksichtigen muss."

Diese Kernaussage bedeutet aber im Umkehrschluss, dass man die Frage stellen muss, ob der Gesetzgeber, sobald er durch ein Verbot vorhandene Einnahmemöglichkeiten der Kommunen beschränkt, nicht verpflichtet ist, für einen finanziellen Ausgleich zu sorgen. Ich denke schon!

Anrede,

zusammenfassend bleibt festzustellen, dass erstens steuer- und grundrechtliche überlegungen eine Abschaffung der Jagdsteuer nicht erforderlich machen. Und zweitens aus haushalts- und finanzausgleichsrechtlicher Sicht ein Verzicht auf die Erhebung der Jagdsteuer keineswegs unproblematisch ist. Im Gegenteil.

Wir sollten daher keinen "Schnellschuss" vornehmen, sondern bevor zum "Halali" auf die Jagdsteuer geblasen wird, den vorliegenden Gesetzentwurf in der gebotenen Sachlichkeit sorgfältig auch im Sinne einer Gesetzesfolgenabschätzung in den Ausschüssen beraten.

 

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