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Pressemitteilungen der Ministerien

Aktuelle Debatte zur Landtagssitzung am 14.12.00

18.12.2000, Magdeburg – 185

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 185/00

 

Magdeburg, den 18. Dezember 2000

 

 

Es gilt das gesprochene Wort!

 

Aktuelle Debatte zur Landtagssitzung am 14.12.00

 

Im Juni 1997 ist in einer sächsischen Kleinstadt ein Unglück geschehen. Ein Junge kam in einer Badeanstalt ums Leben. Die Umstände des Todes sind bis heute nicht geklärt. Soweit die uns allen bekannten Fakten.

 

Als Mitglied der Landesregierung von Sachsen-Anhalt ist es nicht meine Aufgabe, darüber hinaus zu konkreten Geschehnissen, die Arbeit von Kommunalverwaltung, Justiz oder Polizei in einem anderen Bundesland Stellung zu nehmen oder diese gar zu bewerten. Außerdem sind die Ermittlungen zu dem Fall noch nicht abgeschlossen.

 

Was ich tun kann und tun will, der Familie des verstorbenen Kindes meine Anteilnahme auszusprechen. Jeder, der in seiner Familie schon ähnliches erleben musste, kann das Leid der Angehörigen ermessen, das sie erleiden mussten. In ihrem Schmerz um den Verlust eines Kindes darf die Familie Abdulla uns wohl alle an ihrer Seite wissen.

 

Anrede,

im übrigen will ich die Debatte nutzen, um für Fairness zu plädieren.

 

 

 

Für Fairness in der Debatte um Rechtsextremismus in den neuen Ländern.

Für Fairness im Umgang zwischen Ost und West in dieser Frage.

Und nicht zuletzt für Fairness in der Berichterstattung durch die Medien.

 

 

Zur Fairness gehört erst einmal ein selbstkritischer Umgang mit uns selbst. Fakt ist, wie Richard Schröder es am 01. Dezember in der FAZ formulierte, "dass wir im Osten eine erschreckend verbreitete Ausländerfeindlichkeit zu beklagen haben." Man muss sich nur repräsentativ durchgeführte Umfragen ansehen, die dieses auch bestätigen. Die neuen Bundesländer mit einem sehr niedrigen Ausländeranteil weisen die höchste Ausländerfeindlichkeit auf.

 

Nur wenn sich hier in den neuen Länder ein wirkliches Problembewusstsein entwickelt, werden unsere Bemühungen gegen den Rechtsextremismus erfolgreich sein können. Problembewusstsein ist Voraussetzung dafür, dass das von der Landesregierung vorgelegte Handlungskonzept für ein demokratisches und weltoffenes Sachsen-Anhalt - oder viele andere Initiativen - tatsächlich nachhaltige Wirkung zeigen.

 

 

Eine selbstkritische Auseinandersetzung wird uns Ostdeutschen natürlich erschwert, wenn die westdeutsche öffentlichkeit vielfach dem Drang nicht widerstehen kann, ständig belehrend über das Problem Rechtsextremismus in Ostdeutschland zu urteilen.

 

Der Pawlow`sche Reflex folgt prompt: Rostock-Lichtenhagen ist überall, auch in Mölln und Solingen, schallt es in den Leserbriefen ganz tief aus der ostdeutschen Seele. Die heutige aktuelle Debatte ist übrigens auch diesem Reflex geschuldet.

 

Diese Befindlichkeit hilft uns aber bei der Lösung des Problems nicht weiter. Die antragstellende Fraktion übrigens auch nicht - sie ist Teil des Problems.

 

Wir müssen diesen Pawlow`schen Reflex überwinden lernen und konsequent und mit Augenmaß vor der eigenen Haustür kehren. Einfacher wäre dieses natürlich, wenn in den alten Ländern - ich wähle wieder die Worte Richard Schröders - die "westdeutsche Inländerfeindlichkeit" überwunden würde und die neuen Ländern fair - mit ihren Stärken und Schwächen - möglichst vorurteilsfrei beurteilt würden.

 

Zu einer fairen Beurteilung gehört nebenbei auch - um es an einem Punkt ganz konkret zu machen - endlich eine einheitliche Zählweise in der Kriminalitätsstatistik. Durch unterschiedliche Zählweisen in den Ländern kommt es zu Verzerrungen in der Wahrnehmung der tatsächlichen Lage.

 

Ich habe auf der Innenministerkonferenz im November deshalb nachdrücklich verlangt, dass alle Länder bei der Zählung die gleichen Kriterien anwenden müssen.

 

Zurückweisen muss ich in diesem Zusammenhang auf das Entschiedenste die Unterstellung, wir würden bei unseren Statistiken etwas beschönigen. Wie es uns jetzt wieder ganz aktuell bei der Klassifizierung von zwei Tötungsdelikten vorgeworfen wurde. Hier gibt es Gerichtsurteile, die wir zugrunde legen müssen.

 

Nach den allgemeingültigen Kriterien konnten die beiden Delikte nicht als rechtsextremistische Gewalttaten eingeordnet werden. Wir gehen hier sehr korrekt vor. Vielleicht sogar zu unserem eigenen Nachteil, wenn ich die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten mit denen anderer Länder vergleiche und dann noch deren Zählweise kenne.

 

Für die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist es sehr wichtig, den richtigen Weg zu finden. Weder Verharmlosung noch übertreibung sind der Sache dienlich. "Die hysterische Republik, zwischen Verharmlosung und übertreibung" - so titelte der SPIEGEL zutreffend in der letzten Woche. Lassen wir uns von keiner Hysterie anstecken. Erledigen wir unsere Aufgaben ruhig und sachlich im Interesse des Allgemeinwohls.

 

In diesem Zusammenhang möchte ich abschließend an die Verantwortung der Medien appellieren. Ich habe hier den SPIEGEL bewusst namentlich genannt, weil er die rühmliche Ausnahme war, die ungeprüften Thesen nicht als Fakten verkaufte. Viele peinliche Erklärungsversuche anderer hochangesehener Redaktionsstuben wären uns erspart geblieben, wenn Behauptungen vor ihrer Veröffentlichung überprüft worden oder wenigstens als solche bezeichnet worden wären.

 

 

Anrede,

verstehen Sie mich dennoch nicht falsch. Ich will hier keine Medienschelte betreiben. Die Berichterstattung hätte nicht so eine Dynamik gewonnen, wenn wir alle - in Ost und West - nicht allzu bereit gewesen wären, sie für plausibel zu halten.

 

Die ersten Berichte über Sebnitz wurden gerade am Tage der Innenministerkonferenz veröffentlicht. Auf der Pressekonferenz, die ich mit meinen Kollegen Beckstein, Behrens und Schily bestritten hatte, wurde der Bundesinnenminister nach den Ereignissen von Sebnitz befragt. Er gab die einzig richtige Antwort. Nämlich: Man müsse den Fall gründlich prüfen, bevor man sich dazu äußern könne.

 

Hätten dieses alle beherzigt, unter anderem auch Medien und Politiker, hätten wir heute diese Debatte nicht zu führen brauchen.

 

 

 

 

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