Menu
menu

Pressemitteilungen der Ministerien

Rede von Innenminister Dr. Manfred Püchel Drogenschutzprogramm - Antrag der Fraktion der FDVP

18.01.2002, Magdeburg – 9

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 009/02

 

 

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 009/02

 

Magdeburg, den 17. Januar 2002

Es gilt das gesprochene Wort!

Rede von Innenminister Dr. Manfred Püchel Drogenschutzprogramm - Antrag der Fraktion der FDVP

Lassen Sie mich eines voranstellen:

Die Landesregierung bekämpft mit Nachdruck den Missbrauch legaler und illegaler Drogen. Denn jeder Drogentote und jeder Drogensüchtige ist einer zuviel. Deshalb haben wir den Verfolgungsdruck insbesondere auf den illegalen Drogenhandel zu Jahresbeginn durch Einrichtung von Fachkommissariaten zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität noch einmal verstärkt.

Die Menschen im Lande können darauf vertrauen, dass wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel im Rahmen der Prävention, der polizeilichen Ermittlung und der strafrechtlichen Ahndung gegen die Drogenkriminalität ausschöpfen werden.

Der von der Landesregierung beschrittene Weg ist auch erfolgreich. Mit einer gewissen Zufriedenheit, die ich nicht verhehlen will, kann ich feststellen, dass im letzten Jahr in Sachsen-Anhalt erstmals seit der Wiedervereinigung die Zahl der aufgedeckten Rauschgiftdelikte im Vergleich zum Vorjahr 2000 gesunken ist, d.h. um ca. sieben Prozent.

Dieser Rückgang ist für uns kein Ruhekissen, denn - wie gesagt - jeder Drogentote oder Süchtige ist einer zuviel. Der Rückgang zeigt aber, dass wir bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität auf dem richtigen Wege sind:

Wirklich interessant wird ein Blick auf die Häufigkeitszahl und die Aufklärungsquote.

Vergleicht man die Häufigkeitszahlen in den Großstädten, so kommen z.B. nach der Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundes für das Jahr 2000 in Hamburg 732 und in München 521 Drogendelikte auf 100.000 Einwohner. In Halle und Magdeburg waren es im gleichen Zeitraum 200 bzw. 240 Rauschgiftdelikte auf 100.000 Einwohner.

Von Hamburger oder bayerischen Verhältnissen, die offensichtlich gar nicht so gut sind, wie von manchen immer getönt wird, kann also in Sachsen-Anhalt keine Rede sein. Wer uns kritisiert, soll erst einmal im eigenen Land für Ordnung sorgen.

Auch angesichts einer Aufklärungsquote bei Drogendelikten in 2000 in Höhe von 96,4 % sieht die Landesregierung keinen Anlass, entsprechend dem Antrag der Fraktion der FDVP durch eine entsprechende Bundesratsinitiative tätig zu werden.

Dieses "Drogenschutzprogramm" stellt eine Aneinanderreihung von Forderungen dar, die an der Realität einer wirksamen Bekämpfung und Strafverfolgung des Drogenhandels vorbeigehen.

Anrede,

die Landesregierung hat auf der Grundlage des nationalen Rauschgiftbekämpfungsplanes ein polizeiliches Konzept zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität in Sachsen-Anhalt im Frühjahr 1998 in Kraft gesetzt. In diesem sind wir den drogenpolitischen Forderungen nach einer Konzentration vor allem auf die Verfolgung von Drogenhändlern nachgekommen.

Aufbauend auf diesem Konzept sind nach einem Pilotversuch inzwischen in allen Polizeidirektionen eigene Fachkommissariate zur Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität eingerichtet worden. Sie werden je nach Bedarf durch polizeiliche Sondereinheiten, wie die mobilen Einsatzkommandos Magdeburg und Halle, Kräfte der Bereitschaftspolizei oder Kräfte der eigenen Behörde unterstützt.

Die Bildung eines weiteren besonderen Drogeneinsatzkommandos wäre schon im Hinblick auf die klar definierten Zuständigkeitsregelungen kontraproduktiv. Sie würde eine zentrale Bearbeitung der Delikte in den Polizeidirektionen verhindern. Für Bundesländer, wie Bayern, wo es sog. Rauschgifteinsatzkommandos gibt, ist festzustellen, dass diese Kommandos auch nichts anderes leisten als unsere Mobilen Einsatzkommandos. Apropos Nationaler Rauschgiftbekämpfungsplan. Ich war es, der auf der IMK im letzten Jahr vorgeschlagen und durchgesetzt hat, dass dieser Plan aus dem Jahre 1990 in Zusammenarbeit mit der Justiz- und der Sozialministerkonferenz grundlegend überarbeitet wird, um auf die neuen Herausforderungen adäquat reagieren zu können.

Anrede,

ein Informationsaustausch bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität zwischen den Polizeibehörden, dem Bundeskriminalamt und den anderen mit der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität befassten Behörden, wie Zollkriminalamt, Zollfahndungsamt und Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ist aufgrund entsprechender Regelungen und Vernetzungen gewährleistet.

Dies gilt auch für die Vernetzung innerhalb der Fachdienststellen. Der Informationsaustausch mit Interpol und Europol ist ebenfalls geregelt. Auch übermittlung und Austausch personenbezogener Daten sind ausdrücklich zugelassen.

Die Forderung nach einer lebenslangen Freiheitsstrafe für Drogendealer mag möglicherweise populär sein. Effektiv sind jedoch eine wirksame Strafverfolgung und eine zeitnahe Bestrafung.

Die Strafrahmen des Betäubungsmittelgesetzes reichen zu einer wirksamen Bekämpfung des Drogenhandels aus. So ist bereits jetzt beispielsweise wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30 auf eine Freiheitsstrafe zwischen fünf und 15 Jahren zu erkennen. Die Möglichkeit der lebenslangen Freiheitsstrafe sieht das Strafgesetzbuch mit guten Gründen nur für vorsätzliche Tötungsdelikte für besonders schwere Raub-, Gewalt- und Sexualdelikte mit Todesfolge vor.

Die geforderte Beweislastumkehr dahingehend, dass Täter aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität oder des Drogenhandels künftig die Herkunft ihres Vermögens beweisen sollen, ist dem deutschen Straf- und Strafprozessrecht fremd. Sie liefe auf eine Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Rahmen des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens hinaus, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar wäre.

Mit Recht hat deshalb der Gesetzgeber schon bei der Beratung des Ergänzungsgesetzes zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität im Jahre 1994 eine Beweislastumkehr verworfen.

Die geforderte kostenpflichtige Inhaftierung von Drogenbeschaffungstätern wäre geradezu kontraproduktiv. Diese nach ihrer Haftentlassung für ihre Haftkosten in Regress zu nehmen, würde jeden Versuch, sie zu resozialisieren, von vornherein unmöglich machen.

Die Entscheidung über die Anordnung der Untersuchungshaft und die Verhängung unbedingter Freiheitsstrafen treffen die jeweils zuständigen Strafrichter aufgrund der bestehenden Gesetze in richterlicher Unabhängigkeit. Diese Unabhängigkeit der Judikative hat das Grundgesetz nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Erfahrungen zwischen den Jahren 1933 und 1945 aus guten Gründen zementiert. Es kann und darf nicht davon abgewichen werden. Dazu stehe ich auch gerade nach vereinzelten Kritiken aus den letzten Tagen ausdrücklich.

Ausländische Drogendealer werden bei Vorliegen der Voraussetzungen nach dem Ausländergesetz aus Deutschland ausgewiesen. Sie dürfen danach grundsätzlich nicht wieder in das Bundesgebiet einreisen. Die Notwendigkeit von zusätzlichen ausländerrechtlichen Regelungen zur Abschiebung von ausländischen Drogendealern sehe ich insofern nicht.

Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse dahingehend vor, dass sog. Drogenkonsumräume, die in Einzelfällen insbesondere in größeren Städten der alten Bundesländer schwerst Heroinabhängigen zur Verfügung gestellt werden, sich zu einem Zentrum der Rauschgiftkriminalität entwickelt hätten.

In Sachsen-Anhalt werden solche Einrichtungen nicht vorgehalten. Allerdings hält die Landesregierung an den von den Drogenberatungsstellen eingerichteten Drogenkontaktcafes fest. Sie sind als Anlaufstellen für Drogenabhängige von wesentlicher Bedeutung und stellen ein wichtiges Instrument zur Beratung und Vermittlung von Hilfe für Drogenabhängige dar.

Die Landesregierung hält darüber hinaus auch daran fest, dass weiche Drogen nicht frei gegeben werden. Angesichts der bestehenden Gesetzeslage ist deshalb für eine Initiative kein Raum.

Therapieplätze zur Durchführung einer freiwilligen Therapie sind in ausreichendem Maße vorhanden. Darüber hinaus besteht für Abhängige nach Kostenübernahme durch die Versicherungsträger auch die Möglichkeit, bundesweit in entsprechenden Therapieeinrichtungen aufgenommen zu werden.

Eine generelle Zwangstherapie für Drogenabhängige ist schon mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Darüber hinaus ist ein entsprechender Therapieerfolg bei fehlender Freiwilligkeit des Abhängigen aus therapeutischer Sicht nicht zu erreichen.

Soweit durch die Strafgerichte die Einweisung in eine Entziehungsanstalt angeordnet worden ist, stellt die entsprechende Maßregelvollzugseinrichtung in Bernburg derzeit 24 Therapieplätze zur Verfügung. Die Landesregierung wendet darüber hinaus erhebliche finanzielle Mittel für den weiteren Ausbau dieser Einrichtung auf.

Die geforderte generelle Auslobung von Geld im Zusammenhang mit Hinweisen auf Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz ist schon vor dem Hintergrund der Aufklärungsquote in diesem Deliktbereich nicht sinnvoll. Sie würde im übrigen dazu führen, dass die Polizei durch eine Flut von Mitteilungen an ihrer eigentlichen Arbeit gehindert würde.

Schließlich kann auch nicht erwogen werden, Mitarbeiter von Jugendeinrichtungen und Drogenhilfeeinrichtungen mit regelmäßigen Drogenscreenings zu überziehen. Dies bedeutet nichts anderes, als die Konfrontation dieser Mitarbeiter mit dem Generalverdacht eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, ohne dass es dafür Anhaltspunkte gibt.

Die Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage würde jedwede Jugend- und Drogenarbeit von vornherein zunichte machen. Darüber hinaus würden die Mitarbeiter schlechter gestellt als jeder Beschuldigte in einem Strafverfahren, der erst bei Vorliegen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte einem entsprechenden Screening unterzogen werden darf. Schon deshalb wäre eine solche gesetzliche Norm mit unserer Rechtsordnung nicht vereinbar.

Der Antrag der Fraktion der FDVP zum Drogenschutzprogramm geht deshalb ins Leere, die Landesregierung bittet den Landtag, den Entschließungsantrag zurückzuweisen.

 

Impressum:

Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt

Pressestelle

Halberstädter Straße 1-2

39112 Magdeburg

Tel: (0391) 567-5516

Fax: (0391) 567-5519

Mail: pressestelle@mi.lsa-net.de

 

 

Impressum:Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-AnhaltVerantwortlich:Danilo WeiserPressesprecherHalberstädter Straße 2 / am "Platz des 17. Juni"39112 MagdeburgTel: (0391) 567-5504/-5514/-5516/-5517/-5377Fax: (0391) 567-5520Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de