Menu
menu

Pressemitteilungen der Ministerien

Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel
zum Entwurf eines Dritten Vorschaltgesetzes zur Kommunalreform
TOP 6 der Landtagssitzung am 14. 9. 2001

14.09.2001, Magdeburg – 131

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 131/01

 

Magdeburg, den 14. September 2001

 

 

Es gilt das gesprochene Wort!

Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel

zum Entwurf eines Dritten Vorschaltgesetzes zur Kommunalreform

TOP 6 der Landtagssitzung am 14. 9. 2001

 

In der letzten Sitzung vor der Sommerpause habe ich den Entwurf eines Verbandsgemeindeeinführungsgesetzes in den Landtag eingebracht. Meine Hoffnung war, dass der Landtag nach der Sommerpause dieses Gesetz verabschiedet, damit man in der Freiwilligkeitsphase vor Ort genügend Zeit hat, zwischen den Modellen Einheitsgemeinde oder Verbandsgemeinde wählen zu können. Ich danke den beteiligten Ausschüssen für die zügige und intensive Beratung des Gesetzentwurfs.

 

Wir alle haben in den vergangenen Monaten eine zum Teil heftige Diskussion über den Inhalt gerade dieses Gesetzentwurfes erlebt, waren zum Teil auch daran beteiligt. Diese Auseinandersetzung mit dem Thema habe ich für notwendig gehalten und sie deshalb auch begrüßt.

 

Ich danke allen, die sich hieran ehrlichen Herzens und zum Wohl der Kommunen beteiligt haben. Was ich jedoch ablehne, ist eine allein an wahltaktischen Aspekten ausgerichtete Diskussion. Es ist der Versuch, eine Entwicklung zu stoppen, die in unseren Kommunen vielerorts bereits auf den Weg gebracht wurde. Es ist ein Versuch zum Schaden der Kommunen. Denn diese Taktik ist darauf ausgerichtet, Kommunalpolitiker zu verunsichern und ihre Gestaltungsmöglichkeiten in der freiwilligen Phase zu behindern.

 

Dass der Zug "einer umfassenden Reform der Verwaltungsstrukturen in unserem Land" fährt, wissen die vermeintlichen Strategen natürlich. Sie wissen auch genau, dass die Notwendigkeit der Reform objektiv von der Mehrheit anerkannt wird. Die wahltaktischen Scharmützel, die wir erleben, ändern nichts an der Richtigkeit und Notwendigkeit der Reform und werden zum Schluss auf die Urheber zurückfallen.

 

 

Anrede,

kürzlich besuchte ich eine Verwaltungsgemeinschaft. Dort wollte man mit mir konkret über die Vor- und Nachteile der Einheitsgemeinde bzw. Verbandsgemeinde diskutieren.

 

Freundlicherweise hatte man auch die Landtagsabgeordneten des Wahlkreises mit eingeladen. Eingangs wurde ich gebeten, eine Einführung zu geben. Ich stellte kurz das Leitbild vor und ging natürlich auch auf das Leitbild der CDU/FDP-Regierung von 1992 ein. Und wiederholte meinen altbekannten Satz, dass die CDU eigentlich froh sein müsste, dass ich nun das umsetzen würde, wozu sie damals nicht die Kraft gehabt hätte.

 

Der anwesende CDU-Abgeordnete äußerte anschließend sinngemäß, das seien ja nur die Zahlen von Minister Perschau gewesen und der wäre ja bekanntermaßen aus Hamburg gekommen, hätte von den Problemen eines Flächenlandes wenig verstanden und auch nur das gesagt, was ihm seine Beamten aufgeschrieben hätten. Und die gleichen Beamten säßen heute immer noch im Ministerium und würden wieder die gleichen Zahlen aufschreiben.

 

Einmal richtig im Gange, wie wir ihn kennen, fügte er hinzu: Er sei ja schon immer gegen diese Zahlen gewesen. ähnliches wiederholte er kurze Zeit später in Thale vor Bürgermeistern. Dadurch wurde es aber auch nicht besser.

 

Ganz abgesehen, dass der Abgeordnete auf einmal seinen damaligen Minister kritisierte, obwohl er ihn in dieser Frage immer voll unterstützt hatte, hat unser Kollege wenigstens in einem Punkt recht. Jawohl, die Beamten sind immer noch im Ministerium. Und es sind gute Beamte mit einer vorbildlichen Aktenhaltung.

 

Dank ihrer ist es mir heute möglich, meinen geschätzten Kollegen an seine damalige Auffassung erinnern zu können. Wie gesagt, er war ja angeblich schon immer gegen die Richtgrößen und wollte sie viel kleiner haben.

 

Dies findet sich nur leider nicht in den Vermerken wieder. Ganz im Gegenteil: Im Jahre 1993 wurden im Arbeitskreis Inneres der CDU-Fraktion die damaligen Leitbildgrößen, die übrigens drastischer waren als unsere heutigen Festlegungen, diskutiert.

 

Im Vermerk findet sich dazu folgendes: "Es ist kritisch anzumerken, dass sich der Gesetzentwurf im Zuge der Entwicklung immer mehr von der zentralen Leitbildgröße Einwohnerzahl verabschiedet hat." Später heißt es weiter: "Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich das Leitbild schon an der unteren Grenze möglicher Größen orientiert."

 

Ferner wird in dem selben Papier festgehalten, dass Unterschreitungen der Leitbildgröße in dem einen oder anderen Fall, ich zitiere: "... auch im Hinblick auf die Haltung des Koalitionspartners", Zitat Ende, Rechnung zu tragen ist.

 

Und um die öffentlichkeit gänzlich über die Vorstellungen des geschätzten Kollegen aufzuklären, darf ich nochmals und letztmalig aus dem genannten Protokoll eine Passage aus der Seite 19 unter der überschrift "Kritik" zitieren: "Dem Landtag liegt zu § 17 und zu § 23 (Kreisfreie Stadt Halle) ein änderungsantrag in der Drs. 1/2318 neu vor, unterzeichnet von 20 SPD-Abgeordneten sowie den Abg. Becker und Ute Scheffler (Bündnis 90/Grüne). Danach soll der Saalkreis aufgelöst und zugunsten von Eingemeindungen in die Stadt Halle nicht wieder neu gebildet werden.

 

In der Begründung wird geltend gemacht: ...

 

 

Kosten- und verwaltungsaufwendige Konstruktionen bezüglich des Zusammenwirkens des Saalkreises und der Stadt Halle wären bei der Auflösung vermeidbar...

Die Auflösung würde eine Inkonsequenz bei der Umsetzung des Leitbildes beseitigen."

 

 

Zitat Ende. Soviel zur Glaubwürdigkeit des Kritikers.

 

Anrede,

zum besseren Verständnis des heute zu verabschiedenden Gesetzes muss ich kurz noch einmal auf die Geschichte eingehen. Im Mai 2000 schlug der Städte- und Gemeindebund neben der Einheitsgemeinde die Einführung der qualifizierten Verwaltungsgemeinschaft vor. Anfang März 2001 stellte ich einen ersten Referentenentwurf zum Verbandsgemeinde-einführungsgesetz zur Diskussion. Wenige Tage später schon brachte die CDU-Landtagsfraktion einen Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften in den Landtag ein.

 

Nach Auswertung der Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes zum Referentenentwurf modifizierte ich diesen und brachte ihn ebenfalls in den Landtag ein.

 

Herzstück des Gesetzes ist die Festlegung eines Aufgabenkataloges und damit die Zuständigkeitsverteilung zwischen der einzelnen Gemeinde und der Verbandsgemeinde.

 

Die originäre Anbindung von Aufgaben des eigenen Wirkungskreises an die Verbandsgemeinde fordert verfassungsrechtlich zwingend die Schaffung eines direktgewählten Gremiums, also der Vertretung des Volkes in dieser Selbstverwaltungseinheit. Diese Auffassung wurde übrigens auch von den kommunalen Spitzenverbänden ausdrücklich bestätigt.

 

Welche Aufgaben im einzelnen bei der qualifizierten Verwaltungsgemeinschaft angesiedelt werden, war Gegenstand intensiver Verhandlungen. Der Umstand, dass die heute zur Abstimmung vorliegende Beschlußempfehlung im Laufe der Beratung mehrfach ihr Gesicht veränderte, beweist die Offenheit und Aufnahmebereitschaft für konstruktive Vorschläge im Rahmen der Reformvorhaben:

 

Sichtbarster Beleg ist die Herausnahme der Aufgaben nach dem Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetz aus dem ursprünglichen Katalog der Aufgaben der Verbandsgemeinde. Ich bin zwar nach wie vor davon überzeugt, dass im Interesse der Sache eine übertragung richtig gewesen wäre. Die ängste des Landesfeuerwehrverbandes, dass die Feuerwehr aus dem Dorfe verschwinden könnte, kann ich so auch nicht teilen. Ich nehme aber dieses subjektive Angstgefühl der Feuerwehrkameraden Ernst und bin daher der Bitte nach Herausnahme gefolgt.

 

über den verbleibenden Aufgabenbestand der Verbandsgemeinde besteht weitgehend Einigkeit. Dies beweist ein Blick auf den CDU-Entwurf. Die konkreten Vorschläge der CDU zur Aufgabenübertragung sind ausnahmslos im Gesetzentwurf der Landesregierung enthalten: Sie können von daher getrost unserem Entwurf zustimmen. Hätte Ihr Entwurf nicht die bereits angesprochenen verfassungsrechtlichen Mängel, wäre Ihnen meine Zustimmung gewiss gewesen.

 

Anrede,

Kritiker des Verbandsgemeindeeinführungsgesetzes können sich jedenfalls nicht auf die CDU berufen. Bei aller Kürze der Zeit - ein Blick darauf, was Herr Becker in dem Gesetzentwurf vom März vorgeschlagen hat, öffnet allen die Augen:

 

Herr Becker will auf die Verwaltungsgemeinschaft die Aufgaben

 

 

nach dem Schulgesetz, also Trägerschaft für die allgemeinbildenden Schulen,

der Kinderbetreuung, also die Kindertagesstätten,

den Bau und die Unterhaltung von zentralen Sport-. Spiel- und Freizeitanlagen

sowie überörtlicher Sozialeinrichtungen

 

übertragen.

Vergleicht man diesen Katalog mit unserem, so gehen wir allein mit der

 

 

übertragung der Flächennutzungsplanung, die in den meisten Gemeinden bereits abgeschlossen ist,

der Straßenbaulast bei den Gemeindeverbindungsstraßen, woran eigentlich alle ein Interesse haben müssten

der Aufgabe Trink- und Abwasser, die sowieso schon auf Verbände übertragen wurde

sowie den Aufgaben nach dem Schiedsstellengesetz

 

über die Vorstellungen der CDU hinaus.

 

Die ganze immer wieder vorgetragene Empörung ist also gespielt. Die Grundidee ist die gleiche, nämlich die übertragung der Aufgaben, die von kleinen Gemeinden nicht mehr erfolgreich wahrgenommen werden können. Genau die Aufgaben, über die am meisten gestritten wird, will die CDU auch auf die Verwaltungsgemeinschaft übertragen. Nur über die Frage der Eigentumsübertragung hat sie sich ausgeschwiegen.

 

An dieser Frage kann man sich aber nicht vorbeimogeln, denn mit einer Aufgabenübertragung geht unmittelbar die Frage nach dem Eigentum an den betreffenden Einrichtungen und Gegenständen einher. Diese Frage wurde in den vergangenen Tagen von einigen Personen in fast schon demagogischer Weise missbraucht.

 

Grundsätzlich muss eines klar sein: Mit dem Aufgabenübergang muss auch ein übergang des Eigentums und der Verbindlichkeiten der Mitgliedsgemeinden an den betreffenden Einrichtungen einhergehen. Der Grundsatz, dass das Eigentum der Aufgabe folgt, wird ausdrücklich von den kommunalen Spitzenverbänden geteilt und als unverzichtbar bezeichnet.

 

Wenn trotz dieser eindeutigen Aussagen, auch der kommunalen Spitzenverbände, Personen versuchen, mit den Schlagworten "Zwangskollektivierung" und "Enteignung" zu zündeln, dann weise ich das auf das Schärfste zurück. Es handelt sich bei der übertragung auf die Verbandsgemeinde nicht nur juristisch, sondern auch faktisch nicht um eine Enteignung, sondern im Gegenteil um die Garantie des kommunalen Eigentums , weil seine Auslastung und Nutzung weiter gesichert wird. Die Kindertagesstätte oder die Grundschule gehören dann eben allen Mitgliedsgemeinden und werden von allen gleichermaßen finanziert. Kurz: Kommunales Eigentum bleibt kommunales Eigentum.

 

Was mich bei dieser ganzen Diskussion maßlos stört, ist die fälschliche Verwendung von Begriffen, die in der Vergangenheit viel Leid für die Menschen in unserem Land bedeutet haben und mit dem nun Bürger aufgeputscht werden sollen.

 

übrigens haben wir am Donnerstag noch geregelt, dass z.B. bei Nichtmehrnutzung eines Schulgebäudes durch die Verbandsgemeinde die Mitgliedsgemeinde das Gebäude zurückverlangen kann. Dieser Regelung hat die CDU im Landtag ausdrücklich zugestimmt. Und wenn sie dieser Regelung der Rückübertragung zugestimmt hat, hat sie damit automatisch auch die übertragung des Eigentums auf die Verbandsgemeinde akzeptiert. Das Wort Enteignung möchte ich deshalb aus dem Mund eines CDU-Politikers nicht mehr hören.

 

Anrede,

lassen Sie mich zum Abschluss noch kurz mit einer von interessierter Seite immer wieder geäußerten Fehlinformation zur Dauer der freiwilligen Phase aufräumen.

 

Falsch ist, dass sich Verwaltungsgemeinschaft nach Inkrafttreten des 3. Vorschaltgesetzes nicht mehr neu bilden können. Richtig ist vielmehr, dass die Freiwilligkeitsphase für alle wie geplant bis zum 31. Oktober 2002 läuft. Verwaltungsgemeinschaften, die sich also bis zum Herbst nächsten Jahres im bisherigen Verwaltungsgemeinschaftsmodell zusammenschließen, müssen erst endgültig zum 1.7.2004 in die Verbandsgemeinde übergehen. Also, von wegen die Freiwilligkeitsphase ist beendet, sie geht weiter.

 

Und falsch ist auch, dass eigene Planungen mit dem Beginn der staatlichen Phase am 1.11.2002 ausgeschlossen werden. Richtig ist vielmehr, dass ab diesem Zeitpunkt das Land aktiv in die Ausgestaltung der Einzelheiten des Reformvorhabens vor Ort einbringen und gewissermaßen neben und - wo erforderlich - auch anstelle der Beteiligten handeln.

 

Anrede,

der Prozess der Kommunal- und Verwaltungsreform in Sachsen-Anhalt ist unumkehrbar. Diejenigen, die sich diesem Bemühen - aus vordergründigen Motiven - bisher versagt haben, sollten erkennen, dass ihr Politikansatz verfehlt ist.

 

Wenn Sie die Zukunft unseres Landes nicht mitgestalten wollen, dann bleiben Sie ruhig und lethargisch in Ihrer Verweigerer-Ecke. Wahlen können Sie damit nicht gewinnen. Eines sollten Sie aber bedenken: Viele Ihrer eigenen CDU-Bürgermeister sind Ihnen bei den Zukunftsfragen bereits um viele Längen voraus, reisen im Zug mit und bestimmen auch das Fahrtziel mit. Sie aber können bald nicht einmal mehr die Rücklichter des letzten Waggons sehen.

 

Anrede,

ich möchte zum Schluss all denen danken, die dieses Gesetz im Interesse der Leistungs- und damit Zukunftsfähigkeit unserer Kommunen befördert haben. Auch wenn mancher Zweifler dies nicht wahrhaben will, mit der Einführung des Verbandsgemeindemodells tragen wir zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung in unserem Lande bei. Wir sind auf einem guten Wege und werden das gesteckte Ziel in der nächsten Wahlperiode auch erreichen.

 

 

Impressum:

Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt

Pressestelle

Halberstädter Straße 1-2

39112 Magdeburg

Tel: (0391) 567-5516

Fax: (0391) 567-5519

Mail: pressestelle@mi.lsa-net.de

 

 

Impressum:Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-AnhaltVerantwortlich:Danilo WeiserPressesprecherHalberstädter Straße 2 / am "Platz des 17. Juni"39112 MagdeburgTel: (0391) 567-5504/-5514/-5516/-5517/-5377Fax: (0391) 567-5520Mail: Pressestelle@mi.sachsen-anhalt.de