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Pressemitteilungen der Ministerien

Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zum Gesetzentwurf der Landesregierung "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt"

22.06.2000, Magdeburg – 79

  • Ministerium für Inneres und Sport

 

 

 

Ministerium des Innern - Pressemitteilung Nr.: 079/00

 

Magdeburg, den 22. Juni 2000

 

 

Redebeitrag von Innenminister Dr. Manfred Püchel zum Gesetzentwurf der Landesregierung "Entwurf eines Gesetzes zur änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt"

Es gilt das gesprochene Wort!

 

 

Mit der heutigen Beratung und Abstimmung zum Polizeigesetz wird ein Diskussionsprozess abgeschlossen, der Politik, öffentlichkeit und Medien über Monate hinweg beschäftigt hat. Ich danke all denen, die mir in den letzten Monaten den Rücken gestärkt und mich unterstützt haben. Es war zu erwarten gewesen, dass es zu einer so sensiblen Materie sehr unterschiedliche Auffassungen geben würde, dementsprechend waren auch die Reaktionen. Um so mehr bin ich mit dem heutigen Ergebnis zufrieden.

Zu Beginn noch ein Satz an die Naturschützer und Gartenfreunde. Den sechs gefällten Bäumen stehen 17 neugepflanzte Bäume und Sträucher gegenüber. Fast alle gefällten Bäume waren alt oder krank. Ich hätte sie also auch völlig SOG-Diskussions-ungeschädigt fällen müssen. Alle äste wurden übrigens geschreddert und das Material zum Mulchen für die neugepflanzten Bäume verwendet.

Anrede,

nach meinem kurzen Exkurs ins Püchel`sche Gartenreich komme ich nun zur vorliegenden Beschlussempfehlung. Der Innenausschuss hat in nur knapp sechs Wochen den für die Innere Sicherheit unseres Landes wichtigen Gesetzentwurf zur änderung des SOG beraten und zur Entscheidungsreife gebracht.

Ich möchte daher an dieser Stelle zunächst den Mitgliedern des Innenausschusses für die zügige, aber gleichwohl gründliche und konstruktive Beratung danken.

Wenn auch bei kontroverser Auffassung in Einzelfragen, hat sich im Landtag doch eine Mehrheit aus SPD und CDU gefunden, die dem erkannten Handlungsbedarf gerecht wird und zu einer Gesetzesänderung bereit ist, um die Innere Sicherheit im Lande zu erhöhen und den Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger zu verbessern.

Da in den letzten neun Monaten die änderung des Polizeigesetzes in einer Ausführlichkeit diskutiert worden ist, wie vielleicht kein anders Gesetz zuvor, brauche ich nicht noch einmal auf die Einzelheiten des Gesetzentwurfes und seiner Beratungsergebnisse im Ausschuss einzugehen. Zumal dies soeben schon der Berichterstatter getan hat. Vielmehr möchte ich an dieser Stelle noch einmal feststellen, dass sowohl die Beratung im Innenausschuss als auch die durchgeführte Anhörung bestätigt haben, dass die Landesregierung mit ihrem Gesetzentwurf einen "goldenen Mittelweg" verfolgt hat. Zum einen erhält die Polizei zeitgemäßes und praxisgerechtes Handwerkszeug, also Befugnisse für ein effektives und vor allem auch rechtssicheres polizeiliches Handeln.

Zum anderen stehen die damit verbundenen Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger in einem ausgewogenen und maßvollen Verhältnis zu den angestrebten polizeilichen Zielen. Den datenschutzrechtlichen und verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Entwurf wurde weitgehend Rechnung getragen.

Diesen Mittelweg dokumentiert auch der Beratungsverlauf im Ausschuss, in dem sich zwei konträre Meinungen gegenüberstanden. Die eine Seite hielt die geplanten Befugnisse für nicht ausreichend und forderte weitergehende Kompetenzen. Die andere Seite sah bereits in den vorgesehenen Befugnissen zu weitgehende Eingriffe in die grundrechtlich geschützten Freiheitsrechte der Bürger. Bezeichnend hierfür habe ich den Bericht empfunden, der mir über die Ausschussanhörung gegeben wurde. Der von der CDU geladene Polizeiinspekteur zeigte danach kein Verständnis für die vorgesehenen gesetzlichen Beschränkungen der Höchstfristen bei Platzverweisen.

Ich habe demgegenüber auch nach der Diskussion, auf der ich auf der Seite der Befürworter gestanden habe, kein Problem damit, gerade diese Befristung als maßvoll zu vertreten. Zu oft bin ich in diesem Zusammenhang kritisch auf die Berlinverbote zu DDRZeiten angesprochen worden und wollte diese böse Assoziation mittels eindeutiger Befristung und dem eindeutigen Bezug zu gefährlichen Straftaten ausgeräumt wissen.

Der von der PDS geladene Hochschullehrer begann dagegen seine Kritik zu Straßenkontrollen mit einem Beispiel aus dem Jahre 1969 in Prag, wo er selbst von einer Kontrolle betroffen gewesen sei.

Anrede,

wer solche Beispiele pflegt, indem unsere Polizei mit dem Willkürapparat in der CSSR nach der Niederschlagung des Prager Frühlings verglichen wird, der muss sich den Vorwurf von Polarisierung und Polemik gefallen lassen.

Ich kann es nur noch einmal wiederholen:Ich habe den Mittelweg vertreten, um notwendige rechtliche Instrumentarien für die Polizei zu schaffen, andererseits die Gefahr abzuwehren, dass unsere dem demokratischen Rechtsstaat verpflichtete Polizei zu Unrecht in eine Ecke mit traurigen historischen Vorbildern gestellt wird, in die sie nicht hingehört. Und lassen Sie mich eine weitere Aussage zur heiß diskutierten Videoüberwachung erwähnen. Auf kritische Nachfrage zur überwachung des Platzes vor dem Leipziger Hauptbahnhof erwähnte der dortige Polizeipräsident Folgendes: Während über zwei Kameras der Polizei vor dem Bahnhof gestritten wird, hat die Bundesbahn im Inneren des neugestalteten Bahnhofes über 100 überwachungskameras installiert. Nennenswerte öffentliche Beachtung hat dies jedoch im Unterschied dazu nicht gefunden. Dieses Missverhältnis sollte den Kritikern der Videoüberwachung zu denken geben.

Anrede,

uns liegt heute eine Beschlussempfehlung vor, die sich am Entwurf der Landesregierung orientiert und in einigen Punkten die Hinweise aus der Anhörung aufgenommen hat. Gewinner des Parlamentarischen Ringens war und ist in jedem Fall die Innere Sicherheit in Sachsen-Anhalt im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger.

Die sachliche und konstruktiv-fundierte Diskussion in den Ausschussberatungen hat sich aber auch wohltuend von den z.T. irrationalen Diskussionen im Vorfeld der parlamentarischen Beratungen zum SOG abgehoben. In denen von den Kritikern mit zum Teil weit übertriebenen und verzerrenden Vorstellungen von polizeilichem Handeln infolge der Gesetzesänderung argumentiert worden ist. Wahre Horrorszenarien von einer Totalüberwachung der Gesellschaft wurden aufgebaut, die niemals Absicht und Inhalt der vorgeschlagenen Gesetzesänderungen waren. Adressat der Regelungen war und ist auch nicht der unbescholtene Bürger, sondern derjenige der Straftaten begeht oder begehen will.

Und das haben auch die Bürgerinnen und Bürger so verstanden. Bei einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der MZ ermittelte das Leipziger Institut für Marktforschung zwischen 65 und 90 % Zustimmung für die maßvollen Vorschläge zur SOG-änderung. Und selbst bei den Anhängern und Wählern der PDS lag die Zustimmung je nach Vorschlag zwischen 53 und 91 %. 70 % interessanterweise bei der Videoüberwachung.

Anrede,

ich respektiere die ängste Einzelner gegenüber der einen oder anderen Bestimmung des Gesetzes, wie zum Beispiel zur Videoüberwachung und nehme sie ernst. Sie beruhen zum Teil auf der persönlichen Biografie in Gestalt schlimmer Erfahrungen mit dem überwachungsstaat DDR. Gleichwohl sage ich diesen Menschen aber auch, dass wir nunmehr dank der friedlichen Revolution von 1989 in einem demokratischen Rechtsstaat leben, in dem sich die Polizei auf einer rechtsstaatlichen Grundlage bewegt und in dem sich polizeiliche Maßnahmen gegebenenfalls einer rechtsstaatlichen und richterlichen Kontrolle auf Antrag betroffener Bürger unterziehen lassen müssen.

Und gerade diese seit 10 Jahren verfassungsrechtlich verbürgte und praktizierte Garantie des Rechtsstaates, jedem Bürger und jeder Bürgerin eine unabhängige Kontrolle staatlichen Handelns zu ermöglichen, stellt einen weiteren Schutz der Grundrechte dar, der zusätzlich zu den im vorliegenden Gesetz bereits eingebauten Schranken besteht.

Und liebe Kolleginnen und Kollegen, eines sollte man dabei auch nicht vergessen werden: Effektiver Schutz vor Straftaten bedeutet auch aktiven Grundrechtschutz für die Bürgerinnen und Bürger.

Vor diesem Hintergrund ist es im Vorfeld der parlamentarischen Beratung des Gesetzentwurfes beinahe schon verantwortungslos gewesen, mit verzerrten Diskussionen, polemisierend und polarisierend, eventuell vorhandene ängste und Befürchtungen bei den Bürgerinnen und Bürgern zu schüren oder erst aufzubauen, die jeglicher Grundlage entbehrten. Die PDS hat sogar eine Postkartenaktion gestartet unter dem Motto "NEIN zum überwachungsstaat". Hiermit haben Sie mich wirklich empfindlich getroffen. Denn, wenn ich etwas absolut nicht leiden kann, ist es, wenn jemand Püchel mit "s" schreibt.

Unter der überschrift "Kurz vor Ultimo noch juristische Bedenken" wurde gestern in einem MZ-Artikel noch einmal Kritik an den Regelungen zum Zeugenschutz geübt. Namentlich der GBD äußert verfassungsrechtliche Bedenken, weil nicht zu erkennen sei, wer denn die fraglichen Urkunden erstellen und Eintragungen in Register vornehmen könne.

Die gleiche Kritik kam von Herrn Sälzer erstmalig und unangekündigt bereits im Innenausschuss, wo die Frage diskutiert wurde. Ich hätte es für kooperativer gefunden, wenn der GBD im Vorfeld der Innenausschusssitzung bereits seine Zweifel kundgetan hätte, ohne seine Unabhängigkeit damit antasten zu wollen. Im SOG, in der StPO sowie im niedersächsischen Polizeigesetz sind entsprechende unbestimmte Rechtsbegriffe bereits enthalten. In der Praxis bedeutet dies, dass die Polizei die Ausstellung entsprechender Papiere z.B. bei den Meldebehörden veranlasst. Von denen sie dann ausgestellt werden. Ein Anruf genügt, um zu wissen, dass es der Polizei nicht möglich ist, im Panzerschrank Blankoausweise vorrätig zu halten und sie selbst auszufüllen.

Mit der Regelung ist es der Polizei erlaubt, zum Zwecke des Zeugenschutzes neue Papiere zu beantragen. Die zuständigen Behörden bekommen die Rechtfertigung, solche Papiere auch ausstellen zu können. Niemand muss sich mehr auf irgendwelche Notstände berufen. Mit der änderung wird auch nicht in Bundesrecht eingegriffen, denn wir ändern keine Bundesgesetze durch Landesrecht. Im Kern geht es um den Schutz eines Zeugen, der bereit ist, bei der Aufklärung von Straftaten zu helfen und sich damit einer Gefahr für Leib und Leben aussetzt. Wer will die Verantwortung übernehmen, wenn er ohne Schutzmaßnahmen deshalb zu Schaden kommt.

Anrede,

die änderungen der gesetzlichen Grundlagen im SOG werden für sich isoliert betrachtet nicht mehr Sicherheit schaffen. Denn die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erfordert eine Vielzahl aufeinander abgestimmter Maßnahmen, die alle Bereiche der Polizei unseres Landes und der Ordnungsbehörden betreffen und nach kontinuierlicher Fortentwicklung verlangen.

Der vorliegende Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des Innenausschusses ist jedoch ein wichtiger Baustein für ein Mehr an Sicherheit, die sich nicht gegen unsere Mitbürger wendet, sondern ihrem Schutze vor Kriminalität dient. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zur nun vorliegenden Beschlussempfehlung.

 

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